"Schwätzt dir och Platt?"

Mundart ist eine emotionale Sprache. Deshalb tut sie gut, in einer technisierten Welt voller Globalisierungszwänge. Und darum eignet sich das Moselfränkische für ein Medium, das Geschichten in Sprechblasen erzählt. "Opp Platt" liegt jetzt der zweite Band des Kleinen Bauern aus der Comicwerkstatt von Bernhard und Benedikt Heinemann vor.

 I-Pod oder Ei-Pott: Der kleine Bauer kann mit den Trends, die sein Neffe anschleppt, nicht immer etwas anfangen. TV-Foto: Archiv/Kathrin Hofmeister/Comic: Bernhard & Benedikt Heinemann

I-Pod oder Ei-Pott: Der kleine Bauer kann mit den Trends, die sein Neffe anschleppt, nicht immer etwas anfangen. TV-Foto: Archiv/Kathrin Hofmeister/Comic: Bernhard & Benedikt Heinemann

Herforst. Da war's wieder - "dou Schouten!" - ein Schimpfwort auf Platt, herausgerutscht im Eifer des Ärgers. "Wenn Leute anfangen zu schimpfen, verfallen sie in Dialekt", stellen Bernhard und Benedikt Heinemann fest. Ihre Comicfigur, der kleine Bauer, schwätzt ewer och Platt, wenn er in die Stadt fährt und im Museum für moderne Kunst über den Künstler urteilt "On dääm Morjen wär hän bässer am Bäät blieven", sich am Elternsprechtag - "MaJu!" - über seinen Enkel erkundigt, oder einem Touristen in seinem Heimatdorf Herbischd begegnet.

Der kleine Bauer spricht immer Platt. Denn nur in einer Sprache, in der man sich zu Hause fühlt, kann man "in jeder Situation seinen Senf dazugeben", wie sein Schöpfer Benedikt Heinemann das Original aus Herforst charakterisiert. Der Diplompädagoge zeichnet und entwirft die Kurzgeschichten. Sein Vater verleiht der Übersetzung ins Platt den letzten Schliff.

Der erste Band des Mundart-Comics in Moselfränkisch (der TV berichtete in seiner Bitburger-Ausgabe) war so erfolgreich, dass der Südwestrundfunk auf das Vater-Sohn-Gespann aufmerksam wurde. Nach der Ausstrahlung des Beitrags, rief ein Schwabe an. Sein Sohn studiere Sinologie und er hätte im Fernsehen diesen wunderbar chinesisch klingenden Satz "De Sunn schängt schungs sching!" gehört. Da war mit "Die Sonne scheint schon schön!" wieder ein Buch der 500 Stück verkauft.

Auch wenn die Comicmacher nichts an den 45-Seiten-Bänden verdienen, hat sich das Engagement für die moselfränkische Mundart ausgezahlt. "Das Interesse in der Gesamtregion ist da", meinen die beiden.

Wo Aufkleber-Kampagnen wie die des Bitburger Cascade-Bads funktionieren, gilt nicht nur "Et muss mi geschwommen gen", sondern auch: Es muss wieder mehr auf Platt angeboten werden. Beste Beispiele sind die Verkaufsschlager "Meine ersten 270 Wörter auf Trierisch" - rausgewen ginn von Kolzans Hanni, Strobels Arno und Zenders Piet - oder auf "Fideier Platt", Robert Reuters "Wörterbuch der Mundartwörter von A-Z".

In einer globalisierten Welt, setzt der Dialekt der austauschbaren Beliebigkeit ein Gefühl von Heimat und Einzigartigkeit entgegen. Heinemann Junior sieht im Moselfränkischen eine europäische Bewegung. "Durch den Dialekt haben wir ein Europa der Regionen." Grenzüberschreitend spreche man Moselfränkisch und verständige sich so in Eifel, Hunsrück, an der Mosel, bis ins Saarland und nach Belgien, in Teilen von Lothringen und im Großherzogtum, wo Moselfränkisch als Letzebuergesch sogar Amtssprache ist. Die Luxemburger waren Vorreiter im Comicbereich. Mit ihrem "Superjhemp" haben sie einen Nationalhelden in karikierter Form, der das Land Luxusbuerg vor diversen Bösewichten retten muss.

Der kleine Bauer als Kulturbewahrer



Der kleine Bauer aus dem Eifeldorf verteidigt die eigene Kultur. Neuem gegenüber ist er durchaus aufgeschlossen. Doch hält er lieber am Alten fest, wenn das "Trendige" offensichtlich gleichwertig ist, und erst recht, wenn es sich als die schlechtere Variante herausstellt. Dann sagt er zu seinem Neffen, der ihm weißmachen will, "daat ass n' Halloween-Grusel-Kürbis": "Waat schwätzt dou lo? Daat ass n' Trouliecht, dou Trouliecht! Freher guuf doarfier n' Rummel gehool, dou Rummel!"

Extra

Band 2 des Mundart-Comics von Bernhard & Benedikt Heinemann ist erhältlich in der Kenner Bäckerei in Herforst, Bäckerei Schnur in Binsfeld, Buchhandlung Scharff in Speicher, Café am Eifelsteig in Zemmer-Rodt, Buchhandlungen Logos und Schiwek in Bitburg, sowie Mayersche Interbook in Trier. Die Trierisch-Bücher gibt es unter www.volksfreund-shop.de Robert Reuters Mundart-Wörterbuch ist ebenfalls in der Buchhandlung Mayersche Interbook in Trier erhältlich.

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