Schweren Herzens: "Alma" von Dagmar Fohl

900 Menschen fahren auf einem Schiff übers Meer, nach einigen Wochen erreichen sie Havanna, die Hauptstadt von Kuba. Doch an Land gehen dürfen sie nicht. Kuba verweigert die Aufnahme der Flüchtlinge.

Schweren Herzens: "Alma" von Dagmar Fohl
Foto: (g_kultur

Die Irrfahrt beginnt, von einem Hafen zum nächsten, immer mit dem gleichen Ergebnis. Dagmar Fohl schildert in ihrem Roman "Alma" das Schicksal der St.Louis, die 1939 in Hamburg in See stach - mit über 900 Juden an Bord, die auf Rettung vor dem Nationalsozialismus hofften.

Ein historischer Roman also, und dennoch vielleicht heute aktueller denn je.

Fohl schickt den fiktiven Charakter Aaron Stern zusammen mit seiner Frau Leah auf die St.Louis, das Paar hat kurz zuvor ein Kind bekommen. Das kleine Mädchen, Alma, bleibt in Deutschland, bei nicht-jüdischen Freunden. Für Aaron und Leah beginnt nun eine Irrfahrt, die auf dem Schiff beginnt und im Konzentrationslager endet.

Fohl stellt in ihrem Roman auch die Frage nach der Schuld der Deutschen, viel mehr scheint sie aber die Frage umzutreiben, warum das Ausland nicht geholfen hat. Einem amerikanischen Journalisten legt sie, ebenfalls 1939, folgende Worte in den Mund: "Warum können wir nicht im Namen der Menschlichkeit in unserer fortschrittlichen Zeit die Nationen, eingeschlossen die Vereinigten Staaten, zusammenkommen und Quoten beschließen, die das Flüchtlingsproblem für immer lösen?" Sein Appell genau wie die Proteste vieler Menschen fruchten nicht. Das ist das Erschreckende, Aufwühlende an Fohls Roman: diese vielen Parallelen zum Thema Flucht in der heutigen Zeit. Wieder irren die Schiffe über das Meer, wieder bangen Menschen um Aufnahme in einem sicheren Land.

Fohl verzichtet auf literarische Schnörkel und große Worte. Sie lässt Stern aus der Ich-Perspektive erzählen. Feuilletonistische Passagen und Hochphilosophisches passen da nicht ins Konzept - es geht schließlich um das nackte Überleben. Gerade die klare Sprache und die Konzentration auf das Wesentliche macht "Alma" so eindrucksvoll. Und lässt einen mit schwerem Herzen zurück.

Dagmar Fohl, "Alma", Gmeiner Verlag, 219 Seiten, 18 Euro.

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