Sicherheit und Risiko

Starkes Stück, tolle Schauspieler, überzeugendes Regiekonzept und ein Spielort mit einzigartiger Atmosphäre - diese positiven Eindrücke hat die Uraufführung des Stücks "Tokio" von Lothar Kittstein im Café Lübke Sounds hinterlassen.

 Anne (Vanessa Daun) ist erschüttert, denn ihre Zukunftspläne mit Ben sind durch Alex (Jan Brunhoeber) gefährdet. TV-Foto: Anke Emmerling

Anne (Vanessa Daun) ist erschüttert, denn ihre Zukunftspläne mit Ben sind durch Alex (Jan Brunhoeber) gefährdet. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Nicht nicht allein Atmosphäre macht das Café Lübke Sounds zum idealen Spielort für die neue Produktion des Trierer Theaters. Es ist auch die Symbolik, dass die umlaufenden Panoramafenster Grenzen zwischen Außen- und Innenwelt fließend machen. Denn "Tokio" handelt von Orientierung, vom schweren Weg zur eigenen Standortbestimmung: "Will ich sein, wie alle anderen da draußen? Welche Richtung soll ich einschlagen, welche Entscheidung treffen, um im Leben mein persönliches Glück zu finden?"Dramatischer Konflikt bricht auf

Diese Fragen hat Autor Lothar Kittstein in eine Beziehungsgeschichte verpackt, die passend zum Punkt der Weichenstellung in einer Umzugssituation angesiedelt ist. Anne (Vanessa Daun) und Ben (Alexander Ourth), die nach dem Abi ein Jahr getrennt waren, wollen zusammenziehen. Da taucht Alex (Jan Brunhoeber) auf, der früher zusammen mit Ben Platten im "Tokio" aufgelegt hat und in ihn verliebt ist. In einem erst unterschwellig schwelenden, von Humor überdeckten, dann aber offen aufbrechenden und immer dramatischeren Konflikt kämpfen Anne und Alex um Ben. Es ist zugleich der Kampf zwischen zwei Grundausrichtungen: Anne mit ihrer mathematischen Begabung steht für einen zielstrebigen, klaren Weg, auf dem Familiengründung kein Glücks-Hindernis ist. Alex, der Coole, steht für Ablehnung alles Konventionellen, für Risiko, das sowohl großen Durchbruch als auch Scheitern nach sich ziehen kann. "Tokio" ist in diesem Kontext nicht nur Name der heimischen Disko und Symbol der Liebe zu Ben, sondern auch Synonym für die große weite Welt. Das Stück berührt. Dazu trägt eine Sprache bei, die zeitgemäße Befindlichkeiten und Denkweisen mal locker, mal überspitzt pointiert oder mit Tiefgang auf den Punkt bringt, was sicher auch der Zusammenarbeit Kittsteins mit Trierer Schülern zu verdanken ist. Vor allem aber glänzen die Akteure durch glaubwürdiges Spiel. Ob Vanessa Daun Tränen weint oder ihre Mimik als Seismograf für Spannungen einsetzt, Alexander Ourth mit hängenden Schultern die Unentschlossenheit des konflikt- und entscheidungsscheuen Eiertänzers Ben herausarbeitet, oder Jan Brunhoeber den jugendlichen Draufgänger gibt, all das wirkt realistisch und eindringlich. Das auf den Raum zugeschnittene und Raum gebende Bühnenbild aus Umzugskisten, einem Bett und Schallplatten, Teil des Regiekonzepts von Indira Rautenberg, verstärkt die Authentizität, ebenso die Kostüme von Carola Vollath. Termine: 1. und 16. Februar, jeweils 20 Uhr im Café Lübke Sounds, Karten unter Telefon: 0651/7181818.

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