Kunst Der neue Akademie-Chef ist da

Trier · Simon Santschi ist neuer Leiter der Europäischen Kunstakademie – und er hat einen Auftrag: Er soll dafür sorgen, dass Menschen künftig nach Trier reisen, um moderne Kunst zu sehen.

 Simon Santschi ist neuer Leiter der Europäischen Kunstakademie und Kurator einer Schau mit Selbstporträts berühmter Künstler, die ab heute in der Kunsthalle zu sehen ist.

Simon Santschi ist neuer Leiter der Europäischen Kunstakademie und Kurator einer Schau mit Selbstporträts berühmter Künstler, die ab heute in der Kunsthalle zu sehen ist.

Foto: TV/Katharina de Mos

Auf seinem Schreibtisch stapeln sich Kunstbücher und Kataloge, an den Wänden hängen Metallskulpturen, Collagen und Fotografien, auf dem Boden stehen Umzugskartons voller Ordner. „Dr. Gabriele Lohberg“ liest man draußen noch auf dem Türschild. Dabei hat die in den Ruhestand verabschiedete, langjährige Leiterin der Europäischen Kunstakademie (EKA) seit Beginn Februar einen Nachfolger: Simon Santschi.

Der gebürtige Schweizer – dunkle Locken, schwarze Hornbrille, besonnener Typ –  ist 42 Jahre alt, genau wie die Institution, die er in den kommenden fünf Jahren führen und verändern soll. Schon in der Stellenausschreibung hatte die Stadt Trier deutlich gemacht, dass sie sich einige Neuerungen wünscht. Die zentrale lautet: Die Kunstakademie soll sich noch stärker dem Trierer Stadtleben öffnen. Insbesondere dadurch, dass sich das Herzstück des ehemaligen Schlachthofgeländes – die große, helle Kunsthalle – als Ausstellungsort für Gegenwartskunst etabliert. Und zwar als einer, der nicht nur Menschen aus der Region in den Trierer Westen lockt, sondern auch Touristen.

Ein Ziel, das Santschi teilt. „In Trier gibt es bisher nicht wirklich einen Ort für zeitgenössische Kunst“, sagt der Diplom-Designer, der zuletzt für die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle tätig war.

Zwar finden auch jetzt schon regelmäßig Ausstellungen statt (siehe Info). Daneben dient die Halle aber auch als Raum für Events und vor allem als Raum, in dem Dozenten und Kursteilnehmer ihre Werke zeigen. Man versuche, drei verschiedene Nutzungen in einen Raum zu packen. „Das funktioniert so nicht“, sagt Santschi, der der Kunsthalle nun ein eigenes Profil als Zentrum für zeitgenössische Kunst geben möchte. Etwa sechs möglichst vielfältige Ausstellungen mit internationalen Künstlern sind für die Zukunft pro Jahr geplant – so ab 2022. „Das ist wichtig für die Stadt als Kulturdestination“, sagt der neue Akademie-Chef, der selbst ein Fan moderner Kunst ist. Aber gibt es dafür denn ein Budget? Dazu könne er noch nichts sagen, entgegnet Santschi, der gerade mal drei Wochen im Amt ist. Sobald man in den internationalen Bereich gehe, sei aber auch EU-Förderung möglich.

Auch sonst werden die ersten größeren Veränderungen wohl erst 2022 spürbar sein. Das aktuelle Kurs-Programm hat Gabriele Lohberg erarbeitet. Auch bei der Planung für 2021 richtet Santschi sich stark an Bekanntem aus. „Das funktioniert sehr gut. Die Kurse sind voll. Es geht darum, das so weiterzuführen“, sagt der Wahl-Trierer, während nebenan in den Ateliers Dutzende Kunstschüler malen, radieren, aktzeichnen oder lernen, wie man digitale Bilder bearbeitet.

Dass die Akademie einen Fokus auf die Malerei legt, gefällt dem Neuen gut. In Bereichen wie elektronischer Kunst oder Drucktechniken könne er sich noch mehr vorstellen – insgesamt sieht er aber keinen Bedarf, die Kurse für Erwachsene großartig zu verändern. Neue Angebote will er für Studierende und Schüler schaffen, ebenso wie für hauptberuflich tätige Künstler.

Den einst gehegten Traum, die Kunstakademie zu einer Art Hochschule auszubauen, an der man auch akademische Abschlüsse machen kann, träumt Santschi nicht. „Es gibt dafür überhaupt keinen Bedarf“, sagt der Schweizer, der an mehreren Kunsthochschulen beschäftigt war. Die Positionierung irgendwo zwischen Volkshochschule und Hochschule sei genau sinnvoll.

Die 1977 von Erich Kraemer gegründete Kunstakademie bietet Kurse und berufsbegleitende Studien aus fast allen Bereichen der bildenden Kunst an. Rund 60 internationale Dozenten unterrichten jährlich in mehr als 100 Kursen 1200 bis 1300 Kunstbegeisterte aus ganz Europa.

Die EKA verfügt über einen Jahres-Etat von rund 800 000 Euro. 72 000 Euro steuert die Stadt Trier bei, die auch die Gebäude kostenfrei zur Verfügung stellt. 80 000 Euro zahlt das Land. Der Großteil kommt jedoch über Kursgebühren rein. Seit Januar 2019 ist die EKA auch Zweitspielstätte des Trierer Theaters. Moderne Kunst soll dann künftig noch mehr Menschen in den ehemaligen, direkt am Moselufer gelegenen Schlachthof locken.

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