So funktioniert das Comedy-Geschäft

Trier · Drei Tage am Stück eine ausverkaufte Arena Trier, und der Kartenvorverkauf für seinen Auftritt im November läuft auch schon auf Hochtouren. Mario Barth boomt. Doch die Zahl seiner Kritiker wächst. Dafür gibt es gute Gründe.

 Mario Barth bei einem Auftritt in Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Mario Barth bei einem Auftritt in Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Kürzlich entbrannte auf der Website der Bild-Zeitung eine heftige Leserdiskussion. Der Grund: Mario Barth hatte einen Bekleidungshersteller verklagt, weil dieser T-Shirts mit dem Aufdruck "Nichts reimt sich auf Uschi" verkaufte. Die Abmahnung war einerseits dreist - nicht Barth ist der Erfinder des Spruchs, sondern Oliver Kalkofe und Dietmar Wischmeyer (und das bereits 1992) - und andererseits geschäftstüchtig. Sehr geschäftstüchtig. Barth hatte sich den Spruch als Marke schützen und selber T-Shirts damit bedrucken lassen. Sympathiepunkte sammelte er mit der Klage nicht.

Ein Kind der Alternativkultur



Schon gar nicht in der Kleinkunstszene, ohne die so mancher Bühnenkomiker noch heute auf seinen Durchbruch warten würde. Denn Kleinkunst ist ein Kind der Alternativkultur. Es war in den 70er und 80er Jahren, als verwaiste Fertigungsstätten wie die Trierer Tuchfabrik zu Kulturzentren umfunktioniert wurden. Überall in der Bundesrepublik entstanden auf diese Weise Auftrittsmöglichkeiten für junge Talente. Dass es dabei auch um Geld geht, manchmal ums nackte Überleben, wird allzu gern ausgeblendet. Dabei genügt ein Besuch der jährlich stattfindenden Freiburger Kulturbörse, um zu begreifen, wie knallhart das Geschäft der ach so alternativen Kleinkunst ist. Auf dieser Messe - der wichtigsten ihrer Art in Deutschland - präsentieren sich Dutzende von Musikern, Komikern, Pantomimen, Schauspielern und Jongleuren in 15-minütigen Kurzauftritten. Wenig Zeit, um das Fachpublikum für sich zu gewinnen. Nur wenn es dem Künstler gelingt, die Chefs der Kulturfabriken von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, besteht die Chance auf Auftritte. Die Karriere von Dieter Nuhr oder Michael Mittermeier wäre ohne die Freiburger Kulturbörse undenkbar. Hier wurden erste Kontakte zu Veranstaltern geknüpft und Engagements klargemacht. Man muss sich nur vor Augen führen, dass auch ein Ingo Appelt mal in der Tuchfabrik aufgetreten ist. Im Kleinen Saal. Mit dem Erfolg werden die Hallen dann größer, die Herangehensweise kommerzieller. Doch kein Stand-up-Comedian betreibt die Selbstvermarktung so konsequent wie Mario Barth. Er war der erste seiner Zunft, der in die Stadien ging. Und der erste, der unter Merchandising nicht nur den Verkauf von T-Shirts und Kappen verstand, sondern auch den von Toastern und Fußmatten. Ja, ein eigener "Brüllkäfer" wurde kreiert, damit bereits Säuglinge ihr Mario-Barth-Kuscheltier besitzen. Als Barth dann auch noch für den größten deutschen Elektrofachmarkt Werbung machte, war selbst bei einigen Fans das Maß voll. Die allzu offenkundige Profitorientierung (oder sagen wir es weniger fein: Gier) stieß vielen sauer auf. Doch weil man in Deutschland über Geld nicht redet - die Neidgesellschaft lässt grüßen -, muss sein Programm als Angriffsfläche herhalten. Das ist, seien wir ehrlich, nicht ganz die Hohe Schule des Humors. Doch dies gilt für die meisten Comedy-Programme. Mit dem Unterschied: Barth hat Erfolg. Aus überschaubarem Talent hat er nicht nur eine große Karriere gebastelt, sondern auch ein florierendes Wirtschaftsunternehmen geformt. Mario Barth ist zur Marke geworden, wie Apple oder Adidas. Vielleicht sollte das manager magazin mal über ihn berichten.

EXTRA



Mario Barth (geboren 1972 in Berlin) ist ein deutscher Komiker. Nach einer Ausbildung zum Schauspieler trat er unter anderem auf der Köln Comedy Schule auf. Nach mehreren Fernsehauftritten moderiert er seit 2009 seine Comedysendung "Willkommen bei Mario Barth" auf RTL

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