Solarkraftwerke im All

Wie wird sie bloß - die Zukunft? Manche fürchten sich vor ihr, andere schmieden die wildesten Visionen. In Kooperation mit dem Deutschlandfunk nimmt der Volksfreund in dieser Woche den Traum vom Strom aus dem All unter die Lupe.

Trier. Mit einem gleißenden Leuchten steigt die Rakete in den Himmel. An Bord: ein riesiges Sonnensegel. Im Orbit angelangt entfaltet sich das Segel und wird von einer Roboterschar mit anderen, bereits in der Umlaufbahn schwebenden Modulen verbunden. Jetzt ist das gigantische Solarkraftwerk fertig. Es sammelt das Licht der Sonne, wandelt es in Mikrowellen um und schickt diese als gebündelten Strahl in Richtung Erde. Dort fangen riesige Empfangsantennen den Strahl auf und wandeln ihn um in elektrischen Strom.

Diese schöne Vision entwarf der US-Raumfahrtingenieur Peter Glaser bereits 1968. Gegenüber Solarzellen auf der Erde hätte ein Solarkraftwerk im All gewaltige Vorteile: Im Weltraum scheint die Sonne 24 Stunden am Tag, und es gibt keine Wolken, die die Zellen abschatten. Glasers Plan: Nach wenigen Jahren sollte bewiesen sein, dass das Projekt technologisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. "Der Prototyp eines Solarkraftwerks dürfte Anfang der 90er Jahre fertig sein", orakelte Glaser. "Eine kommerzielle Anlage könnte noch vor dem Jahr 2000 Strom liefern."

Das Kalkül: Jeder der Kraftwerks-Satelliten sollte eine Fläche von einigen Dutzend Quadratkilometern haben und 5000 Megawatt leisten - so viel wie fünf Atommeiler zusammen. Mehrere hundert Satelliten sollten den Großteil des globalen Strombedarfs decken können. Allerdings bräuchte man, um die Energie aus dem All zu ernten, riesige Empfangsantennen auf der Erde. "Eine Antenne müsste einen Durchmesser von zehn Kilometern haben", schätzte Glaser. "Zusätzlich müsste sich als Schutzzone ein fünf Kilometer breiter Streifen Land um sie herum befinden." Jenseits dieses Streifens wäre die Stärke des Mikrowellensignals dann so gering, dass keine gesundheitlichen Schäden zu befürchten wären.

Doch bereits in den siebziger Jahren kam die Sache ins Stocken. Bald stellte sich heraus, dass die damaligen Solarzellen viel zu teuer und zu ineffizient waren. Als problematisch erwies sich auch der Transport des Solarkraftwerks: Immerhin ging es darum, mehrere Zehntausende Tonnen Material in den Orbit zu schießen, in eine Höhe von 36 000 Kilometern. Seit einigen Jahren haben Raumfahrtkonzerne wie Astrium den Faden wieder aufgenommen. Der Hintergrund: In Zeiten eines stagnierenden Satellitenmarktes sucht die Branche nach neuen, lukrativen Einsatzfeldern für ihre Raumfähren. Astrium will die Energie aus dem All allerdings nicht mit Mikrowellensendern zur Erde beamen, sondern per Infrarotlaser. Die Energiedichte der Laserstrahlen ist dabei angeblich so gering, dass weder Mensch noch Tier gefährdet sind. Es dürfte aber noch 50 Jahre dauern, bis die Technik einsatzreif ist, glaubt man bei Astrium.

Deutlich forscher gibt sich eine US-Firma namens Space Energy. "Wir haben ein paar Millionen Dollar investiert, um ein Topteam aus Experten zusammenzukriegen", so Mitgründer Peter Sage. "Als nächsten Schritt wollen wir einen Prototyp in den erdnahen Orbit bringen". Danach plant Space Energy ein orbitales Kraftwerk mit einer Leistung von einem Gigawatt. Neben geschätzten Kosten von 16 Milliarden Dollar gibt aber es noch etliche Probleme: So wären beträchtliche Kapazitäten an Raumfähren und Startrampen nötig. Ferner muss man in der Lage sein, das Kraftwerk im Orbit zusammenzubauen und es später zu warten. Und so dürfte es noch einige Zeit dauern, bis das erste Solarkraftwerk in den Himmel fliegt - wenn es überhaupt je dazu kommt.

Dieser Beitrag läuft am 3. August im Deutschlandfunk im Rahmen der Reihe "Rückblicke auf die Zukunft" (immer dienstags um 16.35 Uhr in der Sendung "Forschung aktuell"). In der Region empfangen Sie den Deutschlandfunk auf UKW 95,4 und 104,6. Weitere Informationen im Netz unter

www.dradio.de/utopien

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort