Spezialist fürs Schwierige

Es gibt nicht wenige, die dem Regisseur Alexander May eine große Karriere voraussagen. Dabei hat der gebürtige Trier er erst vor drei Jahren den Schritt vom Assistenten zum freiberuflichen Theatermacher riskiert. Inzwischen hat er in München und Salzburg Fuß gefasst. Zurzeit inszeniert er zum ersten Mal am Theater seiner Heimatstadt.

 Alexander May inszeniert in vielen Städten.TV-Foto: Dieter Lintz

Alexander May inszeniert in vielen Städten.TV-Foto: Dieter Lintz

Trier. Theaterleute sehen um neun Uhr morgens meistens nicht so aus, als würden sie diese Tageszeit lieben. Das hat damit zu tun, dass ihr Job sich oft in den späten Abend- und Nachtstunden abspielt. Vor allem in der Schlussphase vor einer Premiere.

Alexander May ist da keine Ausnahme. Verstrubbelt sitzt er im Theater-Foyer, den Schlaf noch in den Augen und den Kopf voll von Ideen für die Endproben der "Räuber" - der ersten Trier er Theater-Produktion, die mit jungen Arbeitslosen erarbeitet wird statt mit Profi-Schauspielern. Ein Mix aus kulturellem und sozialem Projekt, ermöglicht durch das Engagement des Theaters und der Unterstützung der Nikolaus-Koch-Stiftung. Am Freitag ist Premiere in der Aula der Berufsbildenden Schulen, am Sonntag die zweite Vorstellung (TV berichtete).

Produktionen unter ungewöhnlichen Bedingungen sind Alexander May nicht fremd. Er hat Tschechow in einem Bus inszeniert, in München. Und eine Hitler-Komödie von Theresia Walser in der Nürnberger Kongresshalle. Er hat in der Berliner Alternativ-Kultstätte "Tacheles" gearbeitet, aber auch bei den Salzburger Festspielen, dem Weiheort des gutbürgerlichen Theaterpublikums. Er war Assistent bei den großen Monomanen der deutschen Schauspiel-Regie, bei Peymann, Schlingensief, Langhoff, Dorn. Da mag sich Intendant Gerhard Weber gedacht haben, dass man mit solchen Erfahrungen auch geeicht ist für ein Experiment, mit dem Trier Neuland betritt.

Vielleicht bringt May aber auch noch eine ganz persönliche Nähe gerade zu dieser Produktion und ihren Protagonisten mit. Der 38-Jährige ist jemand, der viele Jahre auf der Suche war nach seiner Bestimmung, und der selten jene Wege genommen hat, die der klassischen Bildungs- und Berufs-Karriere entsprechen.

Sohn selbstständiger Mittelständler aus Konz, hat er dort das Gymnasium besucht, anschließend eine Lehre zum Anlagen-Elektroniker abgebrochen und Steinmetz gelernt. Bei einem zivilen Friedensprojekt in Polen entdeckte er bei der Arbeit mit Kindern seine Leidenschaft fürs Theater. Er ging nach Berlin, besuchte eine private Schauspielschule, spielte, führte Regie in kleinen Szene-Theatern. Neben der Brot-Arbeit als Restaurator im Pergamon-Museum assistierte er bei etlichen Regie-Gurus. Ohne je studiert zu haben, eignete er sich das Regie-Handwerk an, ging von Berlin nach München, bevor er 2005, mit 35, ins kalte Wasser sprang.

Erstaunlich schnell ist er ins Geschäft gekommen, kann sich über einen Mangel an Aufträgen nicht beklagen. Nürnberg, Augsburg, München sind seine Haupt-Standorte. Und der Job in Trier ist natürlich auch eine Gelegenheit, alte Bekanntschaften aufzufrischen - und zu zeigen, dass man es geschafft hat, sich in der Theaterwelt zu etablieren.

Erstaunliche Fähigkeiten der jungen Akteure



Aber ein Zuckerschlecken ist die Arbeit mit den jungen Laiendarstellern nicht. Viele von ihnen sind die stressigen Bedingungen in der Schlussphase einer Theaterproduktion nicht gewöhnt. Aber dafür entwickeln sie nach Beobachtungen ihres Regisseurs "erstaunliche Fähigkeiten", wenn es um die Umsetzung von Schillers Stück geht: "Sie haben die Poesie der Texte begriffen, und sie wissen genau, was da passiert".

Dabei hilft, dass man den Konflikt um die Brüder Moor und ihren autoritären Vater in die aktuelle Lebenswelt von heute verlegt hat. Bei den Proben stellte sich schnell heraus, dass die Frage des Konflikts mit dem Elternhaus für die Akteure viel wichtiger war als andere Themen wie Gewalt oder Terrorismus, die man häufig mit Schillers Frühwerk verbindet. "Das haben wir dann auch so aufgenommen", sagt May. Am Wochenende wird man sehen können, was daraus geworden ist.

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