Spieltriebgesteuert: Wolf Haas verteidigt die Missionarsstellung

Benjamin Lee Baumgartner - so heißt der Held im neuen Roman von Wolf Haas, und damit geht das Referenzspielchen schon los: Denn den Vornamen hat er vom Linguisten Benjamin Lee Whorf. Kernthese: Sprache formt Denken.


Sein Aussehen und seine Statur hat Benjamin Lee wiederum vom mutmaßlichen Vater, einem Hopi-Indianer, der in den Sechzigern was mit Benjamins Hippie-Mutter hatte. Zum schmerzfreien Helden macht ihn das aber nicht - vielmehr ist er ein hoffnungslos Liebender, dem noch dazu die Liebe immer genau dann über den Weg läuft, wenn sich die Welt gerade wegen einer neuen Seuche verrückt macht: Rinderwahn, Vogelgrippe, Schweinegrippe, Ehec. Und Benjamin Lee kriegt sie (fast) alle.
Man kann das alles gar nicht genügend rühmen: wie souverän Wolf Haas in seinem neuen Roman mit den Erzählkonventionen Schlitten fährt, wie er mit der Sprache, seinem Helden und mit unseren Erwartungen spielt und welche irrwitzigen Haken er dabei schlägt. Und dann wird auch noch der Autor ins Geschehen verwickelt, bis sich das Buch irgendwann selbst zu verschlingen droht ...
Aber keine Angst: Auch in diesem Roman erzählt Haas so unterhaltsam, komisch und unfassbar ideenreich, dass man das Buch in kürzester Zeit wegschlürft, während man sich darüber beömmelt. fpl

Wolf Haas: "Verteidigung der Missionarsstellung", Hoffmann und Campe, 240 Seiten, 19,90 Euro

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