US-Wahlen „Es kann nur einen Sieger geben: Trump“ - Sprachwissenschaftler analysieren Rhetorik

Trier/Mainz · Der US-Präsident weckt Emotionen. Die setzt er gezielt ein, um Stimmen für sich zu werben. Der TV hat mit zwei Sprachwissenschaftlern über seine Rhetorik gesprochen.

 Eine Unterstützerin von US-Präsident Trump verfolgt dessen Rede auf einer Wahlkampfkundgebung.

Eine Unterstützerin von US-Präsident Trump verfolgt dessen Rede auf einer Wahlkampfkundgebung.

Foto: dpa/Evan Vucci

Oft wird die Annahme Annahme verbreitet, Donald Trump spreche wie ein Fünftklässler. Das lasse sich anhand seiner beschränkten Wortwahl und der Verwendung einer extrem simplen Sprache festmachen. Eine These, die laut Dr. Ulrike Schneider und Dr. Matthias EItelmann aus methodischer und linguistischer Perspektive zumindest problematisch ist. „Deshalb haben wir gemeinsam mit Kollegen verschiedene Aspekte von Trumps Sprache untersucht“, sagt Ulrike Schneider.

Trumps Sprache sei emotionaler als die anderer Politiker. Dies zeige sich, so die Wissenschaftler von der Universität Mainz in seinem charakteristischen Gebrauch von Spitznamen — etwa „Sleepy Joe“ für seinen Herausforderer Joe Biden. Er liebe zudem Wiederholungen und sich wiederholende Satzmuster. Typisch für ihn sei sein Gebrauch von Wettbewerbsmetaphern: Politik ist für den US-Präsidenten ein Nullsummenspiel, bei dem es nur klare Gewinner und eindeutige Verlierer gibt. Eitelmann: „Und klar ist: Es kann nur einen Sieger geben — ihn. Wenn er verliert, liegt das an einem unfairen Wettbewerb.“

Donald Trump beleidigt immer wieder seine Kritiker. Sie seien Teil eines schlechten Benehmens, dass der US-Präsident nutze, um Volksnähe zu suggerieren. In seinem Weltbild gehöre Biden der Elite an, der er moralisches Versagen vorwirft. „Das rechtfertigt, dass man mit ihren Mitgliedern grob umgehen kann, denn ‚sie verdienen aus seiner Sicht keinen Respekt’“, sagt Schneider. Mit seinen vagen Verweisen auf Personen unterstreiche er „seine Nähe zum Volk“.

Trump liebe Anekdoten, wie etwa die, das dank Windrädern „alle Vögel getötet“ werden. Und nicht nur das. Trump: „Bei Windstille wird dich deine Frau Fragen, ob wegen des Green New Deal jetzt Fernseher ausbleiben müsse.“ Seine Bilder verstärke er immer wieder gerne dadurch, dass er Superlativen verwendet. Mit Begriffen wie „obviously“ und „certainly“ untermauert seine Standpunkte und gibt vor, dass das von ihm Behauptete ein von allen geteiltes Wissen sei. Ähnliches erreicht Trump mit dem Intensivierungspartikel „very“, den er viel häufiger als andere Politiker benutzt.

Er stilisiert sich laut Eitelmann gerne als der „Typ von nebenan“. Damit klingen seine Reden wie eine informelle Unterhaltung. Und Emotionen lassen sich leichter vermitteln. Damit grenzt Trump sich von der politischen Elite in Washington einerseits ab, andererseits würden deren Regeln oft die Durchsetzung des Willens des Volkes behindern.

Der US-Präsident kennt aber auch die feinen Unterschiede: Spricht er von „the African-Americans“ will er sich abgrenzen, ist von „African-American“ die Rede, vereinnahmt er sie für sich. So sind für ein amerikanisches Publikum Sätze wie „I have a great relationship with the blacks“ widersprüchlich. Denn der Inhalt drücke Nähe aus, die Grammatik aber Distanz. Komplexer ist dies, wenn Trump über „Hispanics“ spricht. Grenzte er sich anfangs von ihnen ab, so nutzt er sie heute, so Schneider, „wie eine Trophäe, die er für sich gewonnen hat“ — auch weil sie für ihn eine wichtige Wählergruppe sind.

Die Forscher betonen, dass sich politische Auseinandersetzungen ständig verändern. Früher klangen Antrittsreden wie geschriebene Sprache, seit dem Ende des 20. Jahrhunderts würden sie zunehmend umgangssprachlicher. Das sei auch eine Folge des Medienwandels. Trump reihe sich in diese  Entwicklungslinie ein. Durch die Verwendung von Twitter erwecke der Präsident zudem den Eindruck, dass er seine Entscheidungen direkt dem amerikanischen Volk mitteile. Das passe zu seinem „populististischem“ Auftreten, auch weil er sich mit diesem Verhalten wieder mal vom politischen Establishment abhebe. Auch das passe zu seinem dualistischen Weltbild, in dem die Gesellschaft als in zwei Gruppen gespalten gesehen wird.

Um zwischen „Volk“ und „Elite“ zu trennen, bediene Trump sich moralische Kriterien. Trump sei vor diesem Hintergrund ein „populistischer Performer“ — also jemand, der vom Volk und den Medien eine Bühne erhalte, um Politik nach seinem Willen zu gestalten. Ein typisches Element dieser Performance ist ein vereinfachendes Weltbild mit den Kriterien „gut oder schlecht“, „richtig oder falsch“, ohne Graubereich. Als Führungspersönlichkeit stehe Trump vor einer doppelten Herausforderung, nämlich gleichzeitig gewöhnlich und außergewöhnlich zu wirken. Hierbei hilft ihm sein schlechtes Benehmen — Slang, Kraftausdrücke und Ablehnung von political Correctness.

Ohne Krise, keine Populisten: Sie blähen Gegebenheit zu Verfehlungen der Elite „kosmischen Dimensionen“ auf. So entsteht ein Gefühl, dass dringend gehandelt werden muss, um das Problem zu lösen; teils unter Umgehung demokratischer Institutionen, die dem wahren Willen des Volkes nur im Wege stehen. 

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