Staatsfeinde und das Gefühl von damals

Luxemburg · Die Zeit vergeht, sie hat aber offensichtlich nichts angenagt: Public Enemy (auf Deutsch: Staatsfeind) war eine der prägendsten Hip-Hop-Formationen der 80er und 90er Jahre. Dass sie es auch heute noch drauf haben, zeigen die Rapper Chuck D, Flavor Flav, Professor Griff, der DJ The Lord und die Gruppe S1W als Tänzer und Hintergrund-Sänger in der Rockhal.

Public Enemy feiert mit den rund 600 meist männlichen Zuhörern eine Hommage an den Old School Hip Hop - eine Spielart des Rap, die sich im Funk- und Jazzfundus der 60er und 70er Jahre bedient. Old School verbindet die rohe Improvisation der Straße und den Groove afroamerikanischer Musikkultur.

Dafür steht auch der koffergroße 80er-Jahre-Ghettoblaster, den Chuck D. zu Beginn des Konzerts symbolisch mit einer Kassette (!) füttert, während Schlagzeug, E-Bass und Rhythmus-Gitarre den Funk-Sound verstärken. Auch in Sachen Bühnenpräsenz ist alles beim Alten. Chuck D. in schlabberig-abgetragener Basketballhose und Flavor Flav mit einer übergroßen Plastikuhr um den Hals, sein Markenzeichen, hüpfen trotz ihrer mittlerweile 50 Jahre ausdauernd über die Bühne. Ihre Stücke über Polizeiwillkür (911 is a joke), Rassismus (Fight the Power) und manipulative Medien (Channel Zero) sind immer noch aktuell.

So wandelt sich der Rockhal Club an diesem Abend zu einer New Yorker Straße in den 80ern. Bühne und Zuschauerraum sind der Asphalt, auf dem der Hip-Hop gefeiert wird. Später setzen sich Flav und seine Uhr hinter das Schlagzeug, um den Rhythmus für einen klassischen Freestyle-Wettbewerb zu liefern. Dazu steigen einige Amateur-Rapper aus dem Publikum auf die Bühne, sprudeln improvisierte Reime ins Mikrofon und setzen sich damit dem Urteil der Zuschauer aus. Nach zweieinhalb Stunden schließt Flavor Flav die Hip-Hop-Retrospektive mit einer zehnminütige Rede gegen den Rassismus. Man kann von der alten Schule lernen - nicht nur in Zeiten der Integrationsdebatte. Patrick Wiermer

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