Stiftungen: Lust und Last der Museen

Trier · Der Zopf ist ab: Durchgelüftet und zeitgemäß klar stellt sich seit kurzem das Stifterkabinett des Trie rer Stadtmuseums Simeonstifts dar. Ein Beleg dafür, was Stiftungen verhindern und ermöglichen können.

Trier. Wo sich früher in Überfülle die Bilder und mittelalterlichen Skulpturen der Sammlung Schunck bis an die Decke stapelten und neben fernöstlichen Netsuken (japanischen Miniaturen) um die mittige Vitrine drängelten, wurden jetzt Ruhe und Raum geschaffen. Mit klaren Strukturen und Luft zum Atmen für Bilder und Besucher stellt sich das neue Stifterkabinett dar.
An den Wänden haben ein Dutzend luftig gehängter, kleinformatiger Niederländer der Stiftungen Hermes und Schunck Raum, ihre Schönheit zu entfalten. Die Niederländer sind die erste Folge einer geplanten Serie, die, geordnet nach inhaltlichen und kunstgeschichtlichen Zusammenhängen, die Sammlung der Öffentlichkeit vorstellen und einen neuen Blick darauf ermöglichen will.
Neuordnung und Szenenwechsel wurden möglich, weil die Verträge mit den Schunck-Erben ausgelaufen sind, die das Trierer Haus verpflichtet hatten, die gesamte Sammlung als Dauerausstellung zu zeigen. Bereits vor Jahren hatte es Auseinandersetzungen um den Schunck-Bestand gegeben, als das Museum den größten Teil der Kollektion an die Stifter zurückgab, weil er nicht in das hauseigene Sammlungsprofil passte.
Existenzgrundlage


Kein Einzelfall: Stiftungen und Schenkungen sind immer wieder der Museen Lust und Last. Gleichwohl bleiben Stiftungen die Existenzgrundlage nicht nur der rheinland-pfälzischen Häuser. Sämtliche Museumsbestände im Bundesland gehen auf Stiftungen zurück, meist auf Schenkungen von Bürgern. Im Mainzer Landesmuseum waren es die napoleonischen Besatzer, die den Sammlungsgrundstock legten.
Ganz unterschiedlich sind die Beweggründe, warum Bürger ihre Kunstschätze der Öffentlichkeit überlassen. Nach wie vor gibt es solche, die der Einsicht folgen, dass kunst- und kulturgeschichtliche Zeugnisse von beispielhaftem Rang der Allgemeinheit zugänglich gemacht und künftigen Generationen erhalten werden müssen. Nicht wenige Privatsammler wollen ihre Schätze über Stiftungen vor verständnislosen Erben in Sicherheit bringen.
"Auch künftig sind Stiftungen und Schenkungen der Garant für die Weiterentwicklung der musealen Sammlungen", bestätigt Elisabeth Dühr. Beliebigkeit in der Sammlungspolitik lehnt die Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift allerdings kategorisch ab. Museen hätten ein schlüssiges Sammlungskonzept zu erarbeiten, stimmt die Vorsitzende des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz mit den Richtlinien der Internationalen Museumskonvention ICOM überein. Für das Simeonstift bedeutet das: Das Haus konzentriert sich auf Zeugnisse und Dokumente zur Stadtgeschichte. Wozu auch die Wirkung kultureller Aktivitäten von Trierer Bürgern gehört. In diesem Sinn ist auch ein niederländischer Maler im Museum richtig. Was nicht ins Sammlungsprofil passt, wird nicht angenommen.
Die strenge Auswahl führt immer wieder zu Konflikten. Geht Sammelleidenschaft doch nicht immer mit Distanz einher. Unrealistische Forderungen wie aufwändige Neubauten und unangemessene Ausstellungsbedingungen sind dann häufig an der Tagesordnung. Problematisch können auch Schenkungen von Sponsoren werden, die ihre Gaben werbewirksam nicht an den Konzepten des Museums, sondern an den eigenen Vermarktungsstrategien ausrichten. Ganz problematisch sind Leihgeber, die ihre Sammlungsgegenstände auf Zeit ausleihen, sie restaurieren und wissenschaftlich bearbeiten lassen, um sie so aufgewertet anschließend profitabel zu verkaufen.
Magere Ankaufetats


"Je schwieriger die finanzielle Situation eines Museums ist, umso stärker ist es solchen Zumutungen ausgeliefert", sagt Dühr. Ein Problem, das angesichts magerster Ankaufetats immer drückender wird. In diesem Sinn, so die Kunsthistorikerin, sei die konsequente Erweiterung einer Sammlung zur Vermittlung und Abbildung von Kultur- und Geistesgeschichte ganz entschieden ein Problem der öffentlichen Hand. "Land und Kommunen müssen ihre Museen angemessen ausstatten", fordert die Museumsleiterin.Extra

Das Stadtmuseum Simeonstift hat verschiedene Stadt- und Moselansichten übereignet bekommen. Die 120 Blätter stammen aus Privatbesitz und zeigen historische Ansichten Triers, darunter einzelne Bauwerke der Moselstadt sowie umliegende Ortschaften. Bei den meisten Arbeiten handelt es sich um Grafiken aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Zwölf Blätter datieren im 20. Jahrhundert und stammen von dem Trierer Peter Krisam. Besonders stechen einige handkolorierte Moselmotive Carl Bodmers aus der Schenkung heraus. In Deutschland wurde er bekannt mit seinen zart aquarellierten Landschaften des Rheins, der Mosel und der Lahn. Sie entstanden, als der Künstler im Jahr 1828 mit 19 Jahren die Schweiz verließ und über Basel rheinabwärts nach Koblenz wanderte. Die Moselansichten sollen demnächst im Museum zu sehen sein. red

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