Stimme, Unschuld und Herz verloren

Trier · 20 Jahre Bandgeschichte liegen hinter den Broilers. Die kleine Szeneband füllt mittlerweile ganze Stadien und Hallen. In der Trier Arena haben sie einen Tag vor Silvester das letzte Konzert ihrer Jubiläumstour gespielt. Nach zwei Stunden wollten sie die Bühne immer noch nicht verlassen.

 Charismatischer Forntmann: Sänger Sammy von Punkrock-Band Broilers beim Auftritt in der Arena Trier. TV-Foto: Sarah München

Charismatischer Forntmann: Sänger Sammy von Punkrock-Band Broilers beim Auftritt in der Arena Trier. TV-Foto: Sarah München

Trier. Wie erstarrt stehen die sieben Musiker der Broilers auf der Bühne der Trier Arena. Ihre Hände greifen die Saiten an den Gitarren, der Schlagzeuger reckt seine Drumsticks in die Höhe, bereit, jeden Moment auf seine Trommeln und Becken einzuhämmern. Sammy, der Sänger, steht leicht nach vorne geneigt vor seinem Mikrofon - und schweigt. Noch hören die Musiker ihre 4300 lärmenden, springenden und tanzenden Fans nur. Denn ein riesiger, weißer Vorhang trennt Band und Publikum. Alle sind bereit. Bereit, gemeinsam den mehr als zweistündigen Tour-Abschluss in Trier zu feiern.
Als der Vorhang fällt, wird aus Erstarrung Bewegung und aus Lärm Musik. Unter einem Regen aus Papier stimmen die Broilers das erste Lied des Abends an, "Zurück zum Beton".
"Unsere guten Vorsätze brechen wir heute schon. Heute verlieren wir alles, unsere Stimme, unsere Unschuld und unser Herz," kündigt Sammy an.
Gegen Fremdenhass


20 Jahre Bandgeschichte feiert die Band aus Düsseldorf an diesem Abend. Aus der unpolitischen Punkrock-Szeneband sind gestandene Musiker geworden, die Stellung beziehen - Stellung gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass. "Ich habe die Hoffnung, dass dieses Lied irgendwann inaktuell wird, aber es wird nicht besser, es wird sogar immer schlimmer, wie man jeden Montag bei den Pegida-Demons-trationen sieht." So kündigt Frontsänger Sammy das Lied "Ich will hier nicht sein" an. Das Publikum reagiert mit Nazis-raus-Rufen, Antifa-Fahnen werden in die Luft gehalten.
Nicht alle Broilers-Fans sind an diesem Abend zu friedlichem Singen und Feiern aufgelegt. Zwei Mal werden mitten im Publikum Bengalos gezündet.
Mittendrin steht auch Ben aus Salmrohr (Kreis Bernkastel-Wittlich). Er sei seit zehn Jahren Broilers-Fan, habe die Band schon geliebt, als sie noch vor ein paar Hundert Leuten gespielt hat. "Ich habe jede Tour mitgemacht", sagt er und zeigt stolz seine drei Broilers-Tattoos - zwei auf den Oberarmen, eins auf dem Rücken. "Ich hoffe nur, dass sie dieses Lied noch spielen", sagt er und deutet auf seinen Oberarm, auf dem geschrieben steht: "Meine Sache, mein Problem".
Ein paar Lieder muss sich Ben noch gedulden. Gut gelaunt spielen sich die Broilers durch eine Mischung aus neuen und alten Songs, feiern sich, das Publikum, die Musik, bedanken sich für die ganzen schönen Jahre und spielen, als eines ihrer letzten Lieder, "Meine Sache" - Ben feiert.
Dann ist das Konzert eigentlich vorbei. Die ersten Besucher machen sich auf den Heimweg. Doch die Broilers wollen noch nicht gehen. Es ist das letzte Konzert der Tour, und der Abschied fällt schwer. "Das ist jetzt aber wirklich das letzte Lied und das erste, das wir je als Broilers aufgenommen haben", sagt Sammy. Mit "Eine Blume" und dem Versprechen, sehr bald wieder nach Trier zu kommen, verabschieden sich die Musiker in den "Feierabend".

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