Stippvisite in der Heimat

Bereits in jungen Jahren kehrte die in Trier geborene Schriftstellerin Ursula Krechel ihrer Heimat den Rücken. Nun hat sie in der Stadtbibliothek Konz aus ihrem neuen Roman "Shanghai fern von wo" gelesen.

 Ursula Krechel wurde in Trier geboren. Sie lebt inzwischen in Berlin. TV-Foto: Anita Lozina

Ursula Krechel wurde in Trier geboren. Sie lebt inzwischen in Berlin. TV-Foto: Anita Lozina

Konz. Vor über vierzig Jahren hatte Ursula Krechel Trier verlassen, um die Welt kennenzulernen. Mittlerweile ist sie eine gefeierte Autorin, die unter anderem mit dem renommierten Kunstpreis Rheinland-Pfalz und dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet wurde.

Krechel kehrte für einen kurzen Besuch in ihre alten Gefilde zurück. Die Autorin hat in der Stadtbibliothek Konz aus ihrem neuen Roman "Shanghai fern von wo" gelesen. Einen Tag zuvor hatte sie ihr Buch in Trier vorgestellt. "Shanghai fern von wo" erzählt die Geschichte mehrerer Juden, die während der Zeit des Nationalsozialismus nach Shanghai flüchteten und sich in dieser fremden Kultur zurechtfinden mussten.

Die Geschichten sind echt - die Autorin hat sie fast 30 Jahre lang aus eidesstattlichen Erklärungen zusammengetragen. Sorgfältig hat sie sich aber die Details der persönlichen Lebensgeschichten der Emigranten ausgedacht und ausgeschmückt, so dass am Ende aus vielen Einzelschicksalen ein rundes, bewegendes Werk wurde. Nur noch unregelmäßig kehrt Krechel in die Region ihrer Kindheit zurück. Trotzdem sagt sie, dass sie der Stadt vieles zu verdanken hat - wie ihr Interesse für "Geschichten der Geschichte". Vor allem habe Trier aber ihren Wunsch geprägt, in die Ferne zu reisen. "Es gab hier so viele Franzosen durch die Besatzung und unglaublich viele Touristen, die meine Neugier weckten. Da Trier damals noch nicht einmal eine Uni hatte, war für mich klar, dass ich die Stadt auf Nimmerwiedersehen verlassen werde."

Bereut hat sie diesen Wunsch nicht. Sie hat in Köln studiert, viele Länder besucht - allein für die Recherche zu ihrem aktuellen Roman war sie beispielsweise in Shanghai oder in London in der "Wiener Library". Trotzdem ist sie weiterhin neugierig, wenn sie wieder in Trier ist. "Ich habe die Stadtbibliothek besucht und fühlte mich wieder wie eine 16-Jährige." Aber auch Veränderungen bleiben ihr nicht verborgen. "Der Dom ist mittlerweile ja richtig leer geräumt!" Ihre Heimat mag sie den Rücken gekehrt haben, doch ihre Werke sind in der Region weiterhin bekannt.

Extra

Zu Ursula Krechels Werken zählt unter anderem: "Sitzen, Bleiben, Gehen" (1990), "Sizilianer des Gefühls" (1993), "Liebes Stück" (2003) und "Mittelwärts" (2006). Krechel wurde 1947 in Trier geboren. Nach dem Studium in Köln war sie von 1969 bis 1972 Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund. Ihr Schwerpunkt liegt auf Lyrik, Prosa und Theater.

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