Technik, Verstand und Empathie

Den 200. Geburtstag von Robert Schumann hat der Musikkreis Wittlich mit einem Klavierabend gewürdigt. Ragna Schirmer bezog in ihrer Reverenz auch Roberts Frau Clara mit ein.

 Ragna Schirmer spielte Robert Schumanns Werke anlässlich dessen 200. Geburtstages. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Ragna Schirmer spielte Robert Schumanns Werke anlässlich dessen 200. Geburtstages. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Wittlich. (gkl) Auf die Bühne kommen, sich kurz vor dem Publikum verbeugen um dann am Flügel Platz zu nehmen und unverzüglich zu spielen, das war eins, als Schirmer ihr Rezital in der Wittlicher Synagoge eröffnete. Schnell wurde schon bei Clara Schumanns Scherzo, Opus 14, klar, dass die Hände dieser Frau Gold wert sind.

Ein Eindruck, der sich über den ganzen Abend hin immer wieder bestätigen sollte. Fest zupacken, energisch die Tasten bedienen, aber auch sanft sein, das Instrument fast streicheln und ihm zarte Töne entlocken, bestimmte das Geschehen der Hommage an das Ehepaar Schumann.

Die ganze Bandbreite dessen, was Klavierspielen, rein technisch gesehen, so interessant und abwechslungsreich macht, war vertreten. Absolut sichere Virtuosität, in den "Sinfonischen Etüden", Opus 13, von Robert Schumann auf eine unglaubliche Spitze getrieben, ließen neben aller Hochachtung für dieses Können nur noch die ungläubige Frage übrig: Wie macht sie das.

Zu diesen Händen gehört aber auch ein Kopf, der die Werke scharf analysiert, den Notentext zerlegt, die Aussagen dahinter versteht und in Musik umsetzt. Auch hier belegte Schirmer, dass sie zu den Großen der derzeitigen Pianisten gehört. Zu denen, deren Interpretationen etwas zu sagen haben, die weit mehr sind, als nur Tastenakrobaten. Faszinierendes Beispiel hierfür die breite Palette an Ausdruck in Claras Variationen, Opus 20, und Roberts Impromtus, Opus 5.

Zu Technik und Verstand kam bei der zweimaligen ECHO-Preisträgerin (2003 + 2009) noch ein unverzichtbarer Aspekt hinzu, der einen solchen Abend nachhaltig macht - das Herz, will sagen, die Empathie. Es reicht nicht aus, eine Komposition akademisch zu durchdringen.

Auch das Gefühl muss seinen Niederschlag finden. Auch hier konnte sie wahrhaft glänzen, Zuneigung, Liebe, Freude, Leid und Trauer auf den Punkt genau zum Ausdruck bringen. Die Folge war ein jubelndes Publikum, für dessen brandenden Applaus sich die Pianistin mit zwei Zugaben bedankte.

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