Aus unserem Archiv „The Magic Flute“: Regisseur von der Mosel dreht internationale Kinoproduktion

Interview | Trier/Oberbillig · Riesen-Budget und Roland Emmerich als Produzent: Wie der in Oberbillig bei Konz lebende Regisseur Florian Sigl mit seinem ersten Spielfilm ein Stück weit deutsche Kinogeschichte schreibt.

Magic Flute: Szenen aus dem Film
12 Bilder

Magic Flute: Szenen aus dem Film

12 Bilder
Foto: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn

(AF) Es sind wilde Tage für den an der Obermosel lebenden Regisseur Florian Sigl. Sein erster Spielfilm „The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“ ist aktuell in Hunderten deutschen Kinosälen zu sehen – und das ist der Anfang. Anfang März wird er in den USA anlaufen, da geht er mit über 400 Kopien an den Start. Weltweit soll der Film im Laufe des Winters in 90 Ländern zu sehen sein, „eigentlich unglaublich für einen deutschen Film“, sagt Sigl. Der von Hollywood-Star Roland Emmerich produzierte Kinofilm, der Mozarts „Zauberflöte“ mit fantastischen Elementen à la Harry Potter verbindet, soll weltweit ein breites Publikum ansprechen. Auch viele jüngere Zuschauer, die erst mal nichts mit Opern zu tun haben. Wie das gelingen soll, wie die Zusammenarbeit mit Roland Emmerich war, und was den gebürtigen Münchner schon vor über fünf Jahren dauerhaft in die Region Trier verschlagen hat, das sagt Florian Sigl im TV-Interview. Zwei Wochen nach dem Deutschland-Start wird „The Magic Flute“ nun auch in Trier zu sehen sein (1. Dezember, Broadway-Filmtheater, 16 Uhr). Regisseur Sigl wird bei der Trier-Premiere ebenfalls vor Ort sein.

Wie er den Start bewertet? „Der deutsche Kinostart war bisher in Ordnung, aber nicht hervorragend, Österreich war recht gut“, teilt er mit. Man merke aber die starke Präsenz von Black Panther 2, The Menu und auch vor allem der Fußball-WM. „Aber die Weihnachtszeit beginnt ja erst, und es kommen am 1. Dezember einige Kinos dazu. Was sehr schön ist, ist das verhältnismäßig sehr große und zum Glück meist positive Presseecho. Das wurde sogar im Ausland registriert und dementsprechend laufen die Vorbereitungen für die kommenden Starts“, freut sich Sigl.

Am Donnerstag läuft Ihr erster Spielfilm an, in Hunderten deutschen Kinosälen – und der hat’s gleich in sich: Ausgestattet mit dickem Budget, bekannten Schauspielern, renommierten Opern-Sängern – und produziert von Hollywood-Star Roland Emmerich. Steigt da schon die Nervosität?

Eine Szene aus dem Film „Magic Flute“ von Florian Sigl - Schauspieler Iwan Rheon (Mitte) ist vielen Fans aus der Serie „Game of Thrones“ bekannt.

Eine Szene aus dem Film „Magic Flute“ von Florian Sigl - Schauspieler Iwan Rheon (Mitte) ist vielen Fans aus der Serie „Game of Thrones“ bekannt.

Foto: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn

Florian Sigl: Es ist schon wild. Für mich ist es das erste Mal in diesem Rahmen – eine internationale Koproduktion, auf Produzentenseite und auf Schauspielerseite sind große internationale Gewichte am Start. Bei der Deutschland-Premiere letzte Woche in München und der Österreich-Premiere in Salzburg wurde mir gesagt, dass das wohl die größten Premieren waren, die in diesen Städten seit langer Zeit stattgefunden haben.

Die „Süddeutsche Zeitung“ machte in München echtes Blockbuster-Feeling aus – mit Zuschauerschlangen, die über 100 Meter lang waren.

Regisseur Florian Sigl wohnt mit seiner Familie an der Mosel. 

Regisseur Florian Sigl wohnt mit seiner Familie an der Mosel. 

Foto: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn

Sigl: Ja, auch meine Eltern mussten eine halbe Stunde in der Kälte warten, das war mir ein bisschen peinlich. Das ist ein Trubel, den ich so nicht kenne. Auch nicht solche ‚Press days‘, wo man an einem Tag durch zehn Fernseh-Interviews durchgeschleust wird. Wir hatten auch eine Schülerpremiere in Frankfurt mit 1000 Schülerinnen und Schülern, die haben vor Begeisterung geschrien. Das ist sehr spannend und aufregend. Wir hoffen, dass der Film ein Langläufer ist, er passt gut in Vorweihnachtszeit. Dafür ist das erste Wochenende sehr wichtig.

Sie kombinieren in „The Magic Flute“ Mozarts Zauberflöte mit einer Coming-of-Age-Geschichte und fantastischen Elementen, die an Harry Potter oder Die unendliche Geschichte erinnern. Wie kam es überhaupt dazu?

Sigl: Die Ur-Idee liegt fünf Jahre zurück. Einer der Produzenten, Christopher Zwickler, war damals in einer Aufführung der Zauberflöte in Berlin – und dachte sich, dass es cool wäre, einen Film daraus zu machen. Wir hatten uns auf der Berlinale kennengelernt. Ich habe einen Hintergrund in klassischer Musik und wollte selbst mal Fagottist in einem Orchester werden – ich bin dann aber doch zurück zum Film. Ich fand die Idee jedenfalls total spannend, weil ich immer gerne einen Film machen wollte, der mit klassischer Musik zu tun hat. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass das mein erster sein würde – und ganz sicher noch weniger, dass ich ein solches Budget bekommen würde und mit solchen Leuten zusammenarbeiten darf.

Mit klassischer Musik ein großes Kino-Publikum ansprechen, klappt das?

Sigl: Mein Ansatz war von Anfang an, ein jüngeres Publikum zu erreichen, kein elitäres. Ich wollte klassische Musik an ein breites Publikum heranbringen, weil bei mir auch Ähnliches passiert ist, als ich im Kino „Amadeus“ gesehen habe.

Wie alt waren Sie damals?

Sigl: Das war 1985, ich war zehn Jahre alt. Meine Eltern haben nichts mit klassischer Musik zu tun. Ich habe den Film im Kino gesehen und wollte danach Geige spielen. Das hat wahnsinnig viel in mir ausgelöst - das Bedürfnis, Musik zu machen. Es war meine erste echte Begegnung mit Mozarts Musik und ich dachte mir: Es wäre toll, wenn so etwas noch mal gelingen könnte. Ein Film, der zeigt, dass klassische Musik nichts Elitäres ist. Dass Mozart eine Musik ist, die jeden berühren kann. Man muss auch keine Ahnung von klassischer Musik haben, es geht nur darum, dass man was spürt.

Wie kam dann Roland Emmerich ins Spiel?

Sigl: Ich hatte einen Two-Pager geschrieben (Anm.: also eine kurze Zusammenfassung der Film-Idee). Zwickler hatte schon mit Roland Emmerich zusammengearbeitet. Roland hat das gelesen und fand es super. Eine Woche später hat er Zwickler und mich nach L.A. eingeladen. Das war völlig absurd, zwei Wochen in den Hollywood Hills zu wohnen, er hat mich einigen Leuten vorgestellt und hat einen Teil Entwicklung vorfinanziert, also etwa das Drehbuch. Das war unglaublich, es ist ja mein erster Spielfilm – ich habe vorher sehr viel Werbung gemacht, Hunderte Werbespots, auch international. Aber die Chance, als Werbefilmer einen Spielfilm machen zu dürfen, die ist schon klein – aber tatsächlich mit Roland Emmerich als Produzenten, so einem Cast und Budget? Das gibt es eigentlich überhaupt nicht. Das lässt sich vielleicht noch aus Deutschland heraus mit „Die unendliche Geschichte“ vergleichen (Anm.: ein internationaler Kino-Hit 1984 von Regisseur Wolfgang Petersen), aber da hatte Petersen vorher auch schon „Das Boot“ gedreht. Wir haben übrigens in der gleichen Halle gedreht, in den Bavaria-Studios in München.

Wie schwer war es, weitere Sponsoren für den Film zu finden?

 The Magic Flute: Regisseur Florian Sigl bei den Dreharbeiten mit Oscarpreisträger F. Murray Abraham

The Magic Flute: Regisseur Florian Sigl bei den Dreharbeiten mit Oscarpreisträger F. Murray Abraham

Foto: TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn

Sigl: Das war ein längerer Weg. Roland Emmerich wollte den Film verständlicherweise nicht alleine bezahlen, man braucht Verleiher, Förderer, die muss man alle überzeugen. Da habe ich schon gemerkt: Es ist nicht einfach, aus Deutschland heraus einen ungewöhnlichen Film zu machen. Die deutsche Filmbranche hat großes Vertrauen in klassische Komödien oder ganz klassische Kinderfilme wie „Die Schule der magischen Tiere“. Aber sie trauen sich kaum etwas, was ich auch verstehen kann, weil es ein Risiko ist.

Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit Roland Emmerich vorstellen? Welche Rolle spielte er – und wie profitierten Sie davon?

Sigl: Es ging immer darum, grobe Richtungen abzustecken und seine Erfahrungen zu nutzen, so wurde mir zu einem gewissen Zeitpunkt klar: Es geht es um viel Geld. Da wird auch das Thema Zielgruppe definiert, wer soll den Film schauen, passt das zusammen? Was sehr geholfen hat, war sein Know-How in der Dramaturgie: Wie bauen vor allem englischsprachige Filme ihre Geschichte auf, wie stark wird mit Emotionen umgegangen?

Wie unterscheiden sich da deutsche Filme und internationale Produktionen?

Sigl: Außerhalb von Deutschland traut man sich mehr, Emotionen zu zeigen. Bei uns ist die vermeintliche Kitschgrenze etwas niedriger als in anderen Ländern. Mit Roland Emmerich habe ich auch viel über Visual Effects gesprochen, wo er sich sehr gut auskennt. Er war auch ein super Berater in der Schnittphase. Die Zusammenarbeit war sehr angenehm mit ihm. Er hat total unterscheiden können zwischen seiner Funktion als Produzent und der als Regisseur – er war ja nur Produzent. Er hat mir nie dazwischengeredet oder reingefunkt, das war total respektvoll. Er hat mir sozusagen Leitplanken aufgebaut: Ich hatte einen sehr, sehr großen Spielplatz und innerhalb dessen durfte ich machen, was ich wollte. Natürlich muss man schauen, dass man im Budget bleibt, die Termine eingehalten werden und dass die Leute, die mit mir am Film arbeiten, gut gelaunt bleiben.

Sie sind in München aufgewachsen, haben als erfolgreicher Werbefilmer dann in Hamburg gelebt – was hat Sie eigentlich an die Mosel verschlagen?

Sigl: Die Liebe! Meine Frau ist aus der Region, eine Winzerstochter. Wir wohnen in einem kleinen Dorf an der Obermosel, gleich hinter Konz. Wir haben zwei Kinder, zehn und sieben Jahre alt. Ich habe meine Frau in Hamburg kennengelernt. Und als das zweite Kind kam, haben wir uns gedacht: Es wäre schön, wenn die Kinder in der Heimat von einem von uns beiden aufwachsen würden. Wir sind ja beide keine Hamburger – und ein bisschen Lokalpatriotismus ist ja nicht so schlecht. Wir sind vor fünfeinhalb Jahren hergezogen, zuerst ganz in den Süden von Trier auf den Löllberg, dann ins Dorf, wo die ganze Familie ist. Dort haben wir den Winzershof der Familie saniert, das war auch ein totales Abenteuer – da lernt man die Leute ja auch gut kennen, wenn man mit vielen Handwerkern zu tun hat. Das war eine absurde Situation während Corona in einem kleinem Ort an der Obermosel zu sitzen, wo dann Roland Emmerich oder andere Produzenten in Zoom-Calls auftauchen, die gar nicht so genau wissen, wo in Europa ich bin – wenn ich dann sage, in der Nähe von Luxemburg, dann verstehen sie das ungefähr.

Welche Projekte stehen für Sie als nächstes an?

Sigl: Ich arbeite konkret an zwei internationalen Streaming-Serien. Ich hatte das Glück, dass ich nach den Screenings in Los Angeles vor der größten Künstleragentur der Welt vertreten werde, der CAA. Die kommen mit sehr großen Serien an, für die großen Streaminganbieter. Da habe ich zwei, drei am Start - und fürs kommende Jahr zudem zwei Filmprojekte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort