"Theater ist mir zu theatralisch"

Sehen und gesehen werden: Gerhard Lauer geht nicht gerne ins Theater. Warum, das erzählt er hier:

"Theater ist mir zu theatralisch"
Foto: Katja Bernardy

Ich glaube, ich war zehn, als ich das erste Mal mit der Grundschulklasse im Theater in Trier war. An die Busfahrt erinnere ich mich noch genau, ebenso, dass mir die Größe des Theaters sehr imponierte. Der Name des Stücks von damals will mir nicht mehr einfallen.
Mein zweiter und letzter Theaterbesuch war vor etwa 25 Jahren in Saarbrücken. Dort wurde das Musical Hair aufgeführt.
Es gibt zwei Gründe, weshalb ich seitdem nicht mehr im Theater war: Hauptsächlich, weil dort Menschen hingehen, die sich für elitär halten.
Vielleicht bin ich vorurteilsbehaftet, aber meiner Meinung nach geht es vielen Theaterbesuchern eher ums Sehen und Gesehen werden, weniger um das Schauspiel oder um die Oper. Nach dem Motto, da wo oben ist, da sind auch wir, egal was auf der Bühne passiert.
Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb ich etwa das Kino dem Theater vorziehe: Theater ist mir zu theatralisch. Die Schauspieler teilen sich laut und mit großen Gesten mit. Das löst in mir ein Unbehagen aus. Ich mag eher die leiseren Töne und kleinen, feinen Gesten, wie sie im Film zu sehen sind. Besonders gefallen mir Filme aus den 1950er und 1960er Jahren mit dem italienischen Schauspieler Marcello Mastroianni. Darin braucht es nichts Lautes, um etwas gut darzustellen.
Trotz meiner Abneigung gegen Theater finde ich es gut, dass die Stadt Trier nun viel Geld in dessen Erhalt investieren will. Zum einen, weil der Mensch nicht vom Brot alleine lebt, also Kultur wichtig ist. Zum anderen, weil Theaterleute die politischen Zusammenhänge hinterfragen, alles dürfen und den Finger in die Wunde legen können.
Theater ist eine Art Kontrolle der Demokratie. Da ich finde, dass sich jeder jeden Tag um die Demokratie bemühen sollte, erachte ich die Investition ins Theater als sehr sinnvoll - auch wenn ich zukünftig wohl eher nicht hingehen werde.

Aufgezeichnet von Katja Bernardy

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