Trier „Wir redeten um sein Leben“

Trier · Das Jugendstück „Auerhaus“ des Theaters Trier feierte Premiere. Mit dabei sind drei Neuzugänge des Schauspiel-Ensembles.

  Nima Bazrafkan (von Links) als Harry, Anna Pircher als Pauline, Lennart Hillmann als Frieder, Tamara Theisen als Vera und Felix Jordan als Höppner.

Nima Bazrafkan (von Links) als Harry, Anna Pircher als Pauline, Lennart Hillmann als Frieder, Tamara Theisen als Vera und Felix Jordan als Höppner.

Foto: Marco Piecuch

Dass das Theater Trier die  Europäische Kunstakademie als  Aufführungsstätte nutzt, erweist sich beim Stück Auerhaus einmal mehr als Glücksfall. Das Ensemble spielt in der Mitte, von allen vier Seiten kann das Publikum das Geschehen verfolgen.

Ingrid Gündisch schafft es in ihrer Inszenierung, die Zuschauenden hautnah und jenseits von Begrenzungen zu den Agierenden mitten in die  Handlung zu katapultieren. Aus dem Bühnenbild, das allein aus fünf Sofas besteht, werden verschiedene Schauplätze, die die drei Schauspieler und drei Schauspielerinnen mit Leben füllen und dabei alle Register ihres Könnens ziehen.

Das Stück nach dem Roman von Bov Bjerg (in der Theaterfassung von Robert Koall) behandelt Themen wie  Suizidgedanken, psychische Auffälligkeiten und die Suche nach der eigenen Identität. Das alles mit Leichtigkeit und Humor, ohne jemals ins Flache abzurutschen.

Gezeigt wird ein gemeinsamer Lebensabschnitt von sechs jungen Leuten. Benannt nach dem Lied „Our House“ der Gruppe Madness ziehen die sechs 18-Jährigen in eine WG. Den Namen ihres Domizils   sprechen sie deutsch aus, „weil die Leute sowieso kein Englisch können“ – Auerhaus.

Im Mittelpunkt steht Höppner, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Die beste Möglichkeit, seinen depressiven Freund Frieder vom Suizid abzuhalten, sieht er darin, ihn möglichst nicht allein zu lassen. „Wir redeten um sein Leben“, erzählt er gegen Ende des Stücks dem Publikum.

Bis dahin haben in der mit 85 Personen ausverkauften Location die Gäste eine 90-minütige emotionale Achterbahnfahrt erlebt. Die Ensemblemitglieder schauen dem Publikum ins Gesicht, sprechen es an und fordern seine volle Aufmerksamkeit. Die Erzählform mit den plötzlich wechselnden Szenen ist ungewöhnlich, bleibt aber dank des intensiven Spiels und der gut durchchoreografierten Regie packend und kurzweilig (Dramaturgie: Lara Fritz).

Neben Felix Jordan, Lennart Hillmann und Anna Pircher spielen die Neuzugänge im Ensemble, Luise Harder, Tamara Theisen und Nima Bazrafkan, ihre Rollen durchweg überzeugend. Willkommen in Trier, möchte man den drei „Neuen“ während des verdient langanhaltenden Applauses zurufen, der erst nach einem kurzen Innehalten einsetzt.

Fazit: Ein absolut empfehlenswertes Stück – nicht nur für junge Leute, sondern für alle Menschen, die nach monatelangem Starren in Bildschirme mal wieder hautnah erleben wollen, welche Gefühle live gespieltes Theater hervorrufen kann.

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