Theater Sägespäne im Herzen, die falsche Träne im Aug’

Trier · Erst bejubelt, dann vergessen: Das tragische Schicksal des Operetten-Stars Paul Abraham spielt sich nun im Kasino auf der Bühne des Trierer Theaters ab. Dort wird das Stück „ … und im Aug’ die falsche Träne“ von Rainer Nolden uraufgeführt.

  Die Operetten von Paul Abraham werden wieder gespielt wie hier „Ball im Savoy“ mit Musicaldarsteller Helmut Baumann (Mitte) als Mustafa Bey 2013 in der Komischen Oper in Berlin.

Die Operetten von Paul Abraham werden wieder gespielt wie hier „Ball im Savoy“ mit Musicaldarsteller Helmut Baumann (Mitte) als Mustafa Bey 2013 in der Komischen Oper in Berlin.

Foto: picture alliance / dpa/Nicolas Armer

Beinahe wäre es den Nazis gelungen, Paul Abraham vergessen zu machen. Der Komponist von Operetten wie „Die Blume von Hawaii“, „Viktoria und ihr Husar“ oder „Ball im Savoy“ hatte im Berlin Anfang der 1930er Jahre eine kometenhafte Karriere hingelegt und in nur zweieinhalb Jahren eine neue Ära des Musiktheaters eingeläutet. Jazziger, frecher und freizügiger waren die Klänge des aus Ungarn stammenden Künstlers, dem der Trierer Autor Rainer Nolden nun mit einem Schauspiel ein Denkmal gesetzt hat: „… und im Aug’ die falsche Träne. Eine Sekunde im Leben des Paul Abraham“. Mit vier Schauspielern und vier Musikern inszeniert Barbara Ullmann, langjähriges Mitglied des Trierer Theaterensembles, das Stück im intimen Saal des Kasinos am Kornmarkt, wo am kommenden Dienstag die Uraufführung über die Bühne geht. Der Titel ist ein Zitat aus einem Abraham-Song.

Für Rainer Nolden ist es das erste eigene Stück. Als Journalist und ehemaliger Redakteur der „Welt“ und des „Trierischen Volksfreunds“ hat er jahrzehntelang das Theaterleben mit spitzer Feder begleitet und erst als Ruheständler nun zu jener anderen Seite gewechselt, wo er sich selbst dem Urteil von Publikum und Kritik stellt. „Ein sehr unangenehmes Gefühl“, bemerkt der 71-Jährige mit leicht ironischem Unterton. „Ich habe hier nur den Text abgeliefert, und den Rest macht sie“, sagt Nolden und zeigt auf Barbara Ullmann, die für die Regie erstmal kräftig den Rotstift anlegte, um die Vorstellung auf eine eindreiviertel Stunde zu kürzen. Dadurch sei das Stück „sehr theatralisch, sehr spielerisch“ geworden, erklärt Ullmann, die bewusst nichts Dokumentarisches inszenieren wollte, sondern eine lebhafte, schräge Filmsequenz, wo der sterbende Star auf sein Leben zurückblickt.

 Besprechen im Theatergarten letzte Details der Inszenierung: Regisseurin Barbara Ullmann und Rainer Nolden, Autor des Stücks „Und im Aug’ die falsche Träne ...“.

Besprechen im Theatergarten letzte Details der Inszenierung: Regisseurin Barbara Ullmann und Rainer Nolden, Autor des Stücks „Und im Aug’ die falsche Träne ...“.

Foto: Anne Heucher

„Wenn die Operette bei den Nazis Opium war, wo alles schön und in Ordnung sein sollte, dann war sie bei Abraham ein LSD-Trip“, bringt Ullmann die Wende im Berlin der 30er Jahre auf den Punkt. Abrahams jazzige Operette sei „modern, witzig, schräg, die Ära quasi ein Tanz auf dem Vulkan“, den die Nazis platt gemacht hätten, damit „alles nur noch brav und schön und lieb sein sollte“, und wo ein Paul Abraham mit jüdischen Wurzeln nicht mehr erwünscht war. Von der Trierer Bühne werden viele Medleys der berühmten Songs zu hören sein.

Seine Musik wurde verboten, sein Vermögen konfisziert. Abraham floh über seine Heimat Budapest, Paris und Kuba schließlich in die USA, wo er nur noch wenig Erfolg hatte. Hier war offenbar eher die alte Operettenseligkeit gefragt. Eine Syphillis­erkrankung trieb den Komponisten in den Wahnsinn und brachte ihn in New York in die Psychiatrie.

Doch in den 1950er Jahren erinnerte man sich in Deutschland an den einstigen Star und verfilmte seine Operetten mit prominenter Besetzung. Ein Freundeskreis bildete sich, dem es gelang, den inzwischen an Demenz erkrankten Künstler aus den USA nach Hamburg zu holen. Doch Abraham realisierte das nicht mehr, auch nicht, dass man seine Ehefrau durch den Eisernen Vorhang hindurch aus Ungarn holte, damit sie mit ihrem Mann in Hamburg den Lebensabend verbringen konnte. „Es ist wirklich tragisch“, sagt Ullmann, „dass mit den Nazis etwas zerstört wurde, was in der Form auch nie wieder kam“.

Wer eine Eintrittskarte erworben hat, sollte auch Taschentücher nicht vergessen. „Ein sehr trauriges Ende“, kündigt Rainer Nolden an. „Das Publikum wird sicherlich weinen.“

Die Uraufführung am 14. Juni ist ausverkauft. Weitere Termine in dieser Spielzeit: 17., 28. und 29. Juni, jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es online auf www.theater-trier.de, unter der Mail­adresse theaterkasse@trier.de sowie unter Telefon 0651/ 718-1818.

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