Theater „Männer werden durch Heiraten nicht besser“

Trier · Beim Abend „Allein mit Audrey Hepburn“ schlüpft Daniela Michel in Trier in die Rolle des berühmten „Frühstück bei Tiffany“-Stars.

  Die Schauspielerin und Sängerin Daniela Michel tourt mit ihrem Stück über Audrey Hepburn derzeit durch Deutschland .

Die Schauspielerin und Sängerin Daniela Michel tourt mit ihrem Stück über Audrey Hepburn derzeit durch Deutschland .

Foto: Michael Thielen

Wer ist diese Frau, die, ganz in Weiß gekleidet, auf die Bühne kommt und behauptet, dass die, für die wir, das Publikum, sie halten, nur die Hülle jenes Menschen sei, der als Audrey Hepburn weltberühmt geworden ist? Schon zu Lebzeiten war sie von Hollywood als „Reh“ beziehungsweise „Elfe“ vermarktet worden, ist wohl auch, so darf man vermuten, in diesen Schubladen manches Mal unter Luftnot geraten. Und jetzt, da sie tot ist, kann sie endlich die sein, die sie immer sein wollte – oder doch nicht? „Ich bin nur Ihre Projektion“, sagt die Frau, die uns glauben machen will, Audrey Hepburn zu sein, „die Frau, die Sie hier sehen wollen, die, die ich nicht wirklich bin. Wer immer ich auch war … ich bin schließlich tot. Also unsterblich.“

Ein Spiel mit Möglichkeiten und Identitäten, Rollenwechseln und Rollenwünschen – das ist das ­Monodrama „En suite – Allein mit Audrey Hepburn“ von Sigrid Behrens, mit dem die Schauspielerin und Sängerin Daniela Michel derzeit auf Tournee durch Deutschland ist und nun auch im Kasino am Kornmarkt Station gemacht hat. In der Mitte der Bühne prangt der zur Ikone gewordene Filmstill aus „Frühstück bei Tiffany“. Er zeigt – die euphemistisch als „Party Girl“ bezeichnete – Holly Golightly mit Diadem und Perlenkette, schwarzer Robe und schwarzen Handschuhen und endlos langer Zigarettenspitze, einem ebenso verführerischen wie rätselhaftem und scheuem Lächeln.

Gegen dieses Bild, nein: mit diesem Bild tritt nun Daniela Michel an und erzählt aus dem Leben der als Edda Kathleen van Heemstra Hepburn-Ruston in Brüssel geborenen Frau, die vom Vater verlassen wurde – ein lebenslanges Trauma –, mit der adligen Mutter in kargen Verhältnissen lebte und Tänzerin werden wollte. Doch die Hungersnöte des Krieges hatten den Körper so geschwächt, dass eine Ballettkarriere nicht infrage kam. Und so wurde sie, eher zufällig, Schauspielerin, und noch zufälliger, nachdem die Unbekannte von der Schriftstellerin Colette entdeckt und in ihre Romanfigur „Gigi“ verwandelt worden war, zum Theater- und Filmstar in Amerika. Ein ganzes Leben in 90 Minuten Revue passieren lassen – das gelingen sowohl der Autorin als auch der Schauspielerin auf bemerkenswert stringente Weise und dennoch so ausführlich, dass die wenigen Stationen und Schwerpunkte, die das Stück hervorhebt, sich zu einem ziemlich aussagekräftigen Bild eines Hollywood-Mythos fügen (die Regie führt Birgit Voigt).

Eine gewisse physiognomische Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen ist tatsächlich vorhanden. Und die Art und Weise, wie Michel den monumentalen Text eines Schauspielerinnen-Lebens erzählt, spielt und durchleidet, zwischen nostalgischer Fröhlichkeit und wehmütigen Erinnerungen mäandernd, mal keck-burschikos und mal von quälenden Selbstzweifeln geplagt, lässt das Bild einer vermutlich nur sporadisch glücklichen Frau erkennen, die private Schicksalsschläge im grellen Licht der Studioscheinwerfer verbergen musste und nach mehreren Beziehungen und zwei gescheiterten Ehen  zu der gewiss von vielen Geschlechtsgenossinnen geteilten Erkenntnis kam: „Männer werden durch Heiraten nicht besser.“ Gut möglich, dass es auch nur eine Rolle in ihrem Leben gab, in der sie echte Befriedigung empfand: als Sonderbotschafterin für Unicef, die sie von 1988 bis 1992 nicht verkörperte, sondern leben konnte.

Monodramen geraten mitunter in Gefahr, auf halber Strecke das Interesse des Publikums zu verlieren, weil auf der Bühne eben nicht viel passiert. Daniela Michel jedoch gelingt das Kunststück, mit wenigen Requisiten und ihrer Erzähl- und Darstellungskunst die Zuschauer(innen) bei der Stange zu halten und im zweiten Teil, ganz in Schwarz und nun doch unverkennbar als Holly Golightly, mit ihrem zur Erkennungsmarke gewordenen „Moon River“ noch einen Punkt mehr zu gewinnen. Ihre Stimme ist zwar zart, aber das passt schon, denn auch die echte Audrey war keine Birgit Nilsson des Musicals. Trotzdem verschaffte die Schauspielerin den Schöpfern (Henry Mancini und Johnny Mercer) den „Oscar“ für den besten Filmsong des Jahres 1962 – und eine Mitgliedschaft im „Great American Songbook“, einer Kollektion der besten und erfolgreichsten Lieder aller Zeiten.

Eine weitere Aufführung präsentiert das Ensemble Joya Ghosh am Donnerstag, 2. Juli, im Kasino am Kornmarkt in Trier. Karten können in der dortigen Gaststätte Donna Mia oder unter der E-Mail-Adresse  gfreunde@gmail.com erworben werden.

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