Event Musiker Thees Uhlmann in Trier: „Das Leben ist kein Highway, es ist die B 73“

Trier · Deutschen Rock der Extraklasse liefert Thees Uhlmann beim Arena Open Air - wo er erklärt, warum ihm Trier besonders am Herzen liegt.

Thees Uhlmann begeistert in Trier seine Fans vor der Arena
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Thees Uhlmann begeistert in Trier seine Fans vor der Arena

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Foto: Dirk Tenbrock

Es sind die großen Themen, der Sinn, die Gerechtigkeit, das Leben, die Liebe, die Thees Uhlmann mit Empathie verhandelt. In 25 Jahren ist auch er selbst zum großen Künstler und begnadeten Showman gereift.

Der darf, nein der muss, dann auch mal sentimental werden, wenn er an frühe Auftritte im Saarland vor zwölf Zuschauern denkt. Und vor allem an das Trierer Exhaus, das ihm so oft („für 400 Mark“) eine Bühne geboten hat und nun vor einer ungewissen Zukunft steht. Daran erinnert er sich genau: „Da bin ich jetzt emotional angestoßen“.

Hochsympathisch und absolut authentisch steht er am Sonntagabend im Jeans-Outfit mit seiner exzellenten Band auf der Bühne und bietet gleich zu Beginn nichts Geringeres auf, als die vielleicht besten sechs oder sieben deutschen Rock-Songs, die in den vergangenen 15 Jahren geschrieben wurden. Allesamt von seinem 2019er-Album „Junkies& Scientologen“, ein großartiger Auftakt. Dazu erzählt er kleine, sehr persönliche Geschichten und wem er die Songs widmet, spürbar von Herzen kommend. Und mit einer Energie, die die Spannung bis in die letzte Reihe trägt.

Der titelgebende Song zum Auftakt ist über und für alle, die am Rande der Gesellschaft - ob selbstverschuldet oder unverschuldet - stehen, so wie „die Krankenschwestern, die vor der Lungenklinik rauchen“. Sie alle haben in Uhlmanns Augen noch eine Chance, „die Zukunft ist ungeschrieben“. Und er wird sie nicht vergessen: „Ich komme dich besuchen, ob in Stammheim oder im Bundeskanzleramt.“

Damit ist inhaltlich der Ton gesetzt, aber auch musikalisch. Treibende Gitarrenriffs und ein vorwärtsdrängendes Keyboard, darunter ein satter Bass, mitreißende Drums und über allem Thees Ullmanns Stimme, unverwechselbar. Dann, ganz großes Kino, „Danke für die Angst“, eine Hommage an Stephen King und später noch „Was wird aus Hannover“. „Ich habe fünf Jahre nicht gesungen“, so fühlt sich das gerade für ihn an, es geht um seine Beziehungsunfähigkeit, aber das Leben ist schließlich „kein Highway, es ist die B73“. Voran, immer weiter, so lautet das Motto an diesem wundersamen Abend in Trier, genauso wie im Leben auch.

Eine berührende Erinnerung an seinen Freund, den schwedischen DJ der 2018 Suizid begangen hatte, ist das Lied „Avicii“. Damit verbindet Uhlmann den dringenden Aufruf, bei psychischen Problemen Hilfe bei Freunden oder einem Spezialisten zu suchen.

Ein anderer Selbstzerstörer, Benjamin von Stuckrad-Barre, hat den poetischen Text für „Club 27“ geschrieben. Und „17 Worte“ ist eine weitere Hymne, da geht es im Publikum ab, niemand bleibt sitzen, die Drums und Gitarren treiben den Beat voran. Denn: „Harte Zeiten werden kommen, harte Zeiten werden gehen“. Und zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse wunderbarerweise immer noch den Fluss hinauf, während Thees die ganze Zeit von dir träumt. Mal erinnert das an Foreigner, mal an The Cure, das sind ja nicht die schlechtesten Assoziationen.

Thees Uhlmann singt vor Arena Trier seine Songs
Foto: Dirk Tenbrock

So erleben die rund 300 Besucher, die wegen eines Regenschauers zu Beginn eine halbe Stunde in der Arena verbringen durften, hier den fulminanten Abschluss der „Arena-Open-Air“- Konzerte. Der äußerst freundliche und zugewandte Herr Uhlmann („Gehen Sie bitte nachher alle heiß duschen, damit Sie sich nicht erkälten, und schicken Sie mir eine SMS, wenn sie gut zuhause sind!“) schickt alle mit Gänsehaut in die Nacht.

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