Torte mit Senf

Die Rettungsaktion der ARD für ihre von Quotenschwund gezeichnete Late-Night-Show erwies sich als wenig erfolgreich. Statt des erhofften frischen Winds ergab die Kombination von Satiriker Harald Schmidt und Comedian Oliver Pocher allenfalls geistigen Durchzug.

Eigentlich ist die Idee gar nicht so übel: Gut abgehangener Zyniker, 50, trifft notorischen Frechdachs, 29, und sie drehen gemeinsam vor Mitternacht die Welt durch die Mangel. Doch die generationsübergreifende Zusammenführung der Unterhaltungsfamilie erweist sich als unmotivierte Zwangsheirat zwischen einem angejahrten Bräutigam, der mit dem jungen Gemüse an seiner Seite seine Akzeptanz in der Teenie-Disco verbessern will, und einer berufsjugendlichen Braut, die rechtzeitig den ersten Schritt zur Sicherung der öffentlich-rechtlichen Rente einleitet.Ein Duo ist da im Grunde genommen nicht am Werk, eher ein arroganter Meister und ein braver Lehrling, der des öfteren vergeblich darauf wartet, dass ihm das Wort erteilt wird. Zum Einstieg routiniertes Solo-Tageskabarett, zwischendurch ein (gefühlte 20 Minuten langer) garantiert pointenfreier Film-Sketch über "Promi-Pilgern", ein paar Anleihen bei Stefan Raab und diverse Dialog-Gags aus dem Regie-Buch. Wenig Standup, kaum Spontanes, mancherlei Aufgewärmtes - unterm Strich fad. Und 90 Prozent der Themen reine mediale Selbstbespiegelung.Dabei könnte es ganz spaßig sein, zu sehen, wie unterschiedlich die Generation Schmidt und die Generation Pocher die Welt sehen. Das Problem ist nur: Es gibt keine Schnittmenge. Pocher weiß nicht, wer Martin Walser ist, Schmidt verwechelt Joy Delanane mit Joy Fleming. Wobei letzteres noch ein Gag sein könnte, ersteres offenkundig nicht. Weil bei Politik, Musik, Literatur, Gesellschaft kein gemeinsames Thema da wäre, über das man dann witzeln könnte, bleiben nur restlos abgemähte Wiesen wie Fußball und Fernsehen. Und das dritte "F"-Wort bringt Harald Schmidt gegen Ende treffsicher auch noch unter. Da wächst nicht zusammen, was beim besten Willen nicht zusammengehört. Der sarkastische "Nazi-o-Meter" zur Warnung vor gefährlichen Begriffen ist immerhin noch eine Idee, Pochers Podolski-Parodie ganz lustig, ansonsten läppert die Sendung vor sich hin. Am Ende kommt Günter Jauch und sagt, die ARD habe mit "Anne Will", "Hart aber Fair" sowie "Schmidt und Pocher" drei Sendungen gestartet, zwei davon seien gelungen. Der treffsicherste Gag des Abends. Dieter Lintz

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