Tote Rehe, ein Riesen-Christus und für 1000 Euro ins Museum

Trier · Schlachtfest in der Bayerischen Staatsoper in München: Eigentlich wollte Regisseur Martin Kuej seine Inszenierung der Oper "Rusalka" mit der Häutung von toten Rehen auf der Bühne garnieren. Lange vor dem Premierenapplaus gab es dafür reihenweise Proteste von Tierschützern - und das Opernhaus entschloss sich vor der Erstaufführung an diesem Samstag, nun doch besser künstliche Rehe zu verwenden.



Gehäutete Rehe in der Oper hätten bei YouTube sicherlich für reichlich Klicks gesorgt. Von schräg bis geschmacklos reicht schließlich auch das Sortiment des gigantischen Internet-Videoportals. Dass sich zwischen Blödelei und Wackelfilmchen auch das eine oder andere Kleinod verbirgt, will nun das New Yorker Guggenheim Museum zeigen. Gestern Abend hat eine Jury die 25 besten künstlerischen Videos in der US-Metropole prämiert. Die Gewinner von "YouTube Play: A Biennal of Creative Videos" wurden live auf die Fassade des Frank Lloyd Wright Gebäudes an der Fifth Avenue projiziert und sind noch bis heute weltweit im Netz zu sehen ( www.youtube.com/play).

Wesentlich klassischer geht es zurzeit in Brüssel zu: Knapp 50 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken des Renaissance-Künstlers Lucas Cranach der Ältere werden seit Mittwoch im Palast der Schönen Künste gezeigt. Cranach ist vor allem für seine Darstellungen des Reformators Martin Luther berühmt.

Der wollte mit seiner Bibelübersetzung zwar die heilige Schrift dem gemeinen Volk näherbringen - ob er sich aber über eine Christus-Statue als Touristenattraktion gefreut hätte, bleibt zu bezweifeln. Im polnischen 21 000-Seelen-Ort Swiebodzin baut man zurzeit an einer 36 Meter hohen Figur des Gottessohns und will damit der sechs Meter kleineren Statue in Rio de Janeiro den Rang ablaufen. Die Stadtväter gaben nach einigem Hin und Her schließlich grünes Licht für den Koloss - man rechne nach der Aufstellung mit wirtschaftlichen Vorteilen für den Standort, heißt es aus dem Rathaus.

Wortwörtlich "Stille Nacht" könnte es möglicherweise in der Vorweihnachtszeit in den Berliner Opernhäusern heißen. Seit Wochen streiten die Orchester der Deutschen Oper und der Komischen Oper mit dem Land um einen Tarifvertrag, die Musiker streiken, lassen mitten in der Aufführung ihre Instrumente verstummen oder bleiben gleich in der Kantine. Stattdessen gibt es zu "La Traviata" oder "Schwanensee" derzeit nur Klavierbegleitung. Weil sich der überschuldete Stadtstaat Berlin aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgeklinkt hat, bekommt der öffentliche Dienst, und damit auch die Landesmusiker, weniger Geld als die Kollegen in anderen Bundesländern.

Um Geld in die knappen Kassen zu bekommen, müssen sich auch die Museen in der Hauptstadt etwas einfallen lassen. Das Museum für Gegenwart hat kurzerhand die Eintrittspreise erhöht. Auf 1000 Euro - pro Nacht. Dafür kann man dann allein oder zu zweit die Schau des Projektkünstlers Carsten Höller erkunden - die Installation "Schwebendes Hotelzimmer" gehört praktischerweise gleich mit zur Ausstellung. Und wen Kunst allein nicht satt macht, für den ist mit Frühstück und Minibar ebenfalls gesorgt.

Eva Großeastroth

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