Tradition verpflichtet

Die "Kammermusikalische Vereinigung" startet unter neuer Leitung in die Spielzeit. Heute, 20 Uhr, beginnt im Kurfürstlichen Palais in Trier das erste Konzert der neuen Ära.

Trier. (mö) Welche Konzeption verfolgt das neue Leitungs-Duo Hartmut Köhler/Franz-Josef Kleinbauer? TV-Redakteur Martin Möller sprach mit dem neuen Team und mit Vorgänger Hanspeter Hilgers.

Herr Hilgers, 31 Jahre lang haben Sie die Konzerte der Kammermusikalischen Vereinigung organisiert und Programme ausgewählt. Was erwarten Sie nun?

Hilgers: Ich hoffe, dass es gelingt, die kulturelle Bedeutung der Kammermusikalischen Vereinigung bei Presse, Behörden, Schulen bis zur Universität, Sponsoren und einer breiteren Öffentlichkeit wieder angemessen ins Bewusstsein zu bringen, und - es sind ja nicht allein Künstler und Programme auszuwählen - die Organisation mit Finanz- und Sitzplatzverwaltung, der Werbung und den unendlich vielen kleinen und größeren unerlässlichen und insgesamt zeitaufwendigen Aufgaben arbeitsteilig zu bewältigen.

Köhler: Wir haben eine Arbeitsteilung verabredet: Ich übernehme als Vorsitzender die Außenvertretung, Herr Kleinbauer besorgt als Geschäftsführer die Organisation.

Und was die künstlerische Konzeption angeht, gilt für Sie der Grundsatz "Weiter so"? Köhler: Für uns ist Kontinuität in der gegenwärtigen Situation tatsächlich das erste Gebot. Aber nicht das einzige. Wir streben intensiv die Aufnahme jüngerer Hörer an; dazu scheint uns eine behutsame Erweiterung geraten.

Kleinbauer: Herr Hilgers hatte ja in seinen Briefen an die Abonnenten deutlich gemacht, dass die Vereinigung möglicherweise vor dem Ende steht. Da wurde mir erst bewusst, welch große Tradition sie in Trier verkörpert, und ich sagte mir: so etwas darf nicht zugrunde gehen. Diese Tradition ist der Hintergrund für unsere Arbeit. Natürlich heißt das nicht, dass wir jetzt nur noch Haydn-Streichquartette spielen. Wir wollen auch junge Leute ansprechen und ungewohnte Instrumentalbesetzungen vorstellen. Erhalt der Tradition durch Weiterentwicklung, das ist unser Grundsatz.

Welche Veränderungen im Repertoire planen Sie denn? Köhler: Konkret Kompositionen zu nennen, ist derzeit noch zu früh - Herr Hilgers hat ja das laufende Programm konzipiert. Aber in der nächsten Saison werden wir sicherlich das Spektrum der gespielten Musik erweitern - in der Musikgeschichte nach hinten, etwa zum Barock, und nach vorne, zur zeitgenössischen Musik.

Hilgers: … wobei ja schon immer die Musik des 20. Jahrhunderts einen wichtigen Platz in den Programmen einnahm.

Köhler: Das Angebot an hervorragenden Musikern wird zum Glück immer größer. In Umrissen wird unser neues Programm zu Jahresbeginn 2009 feststehen.

Sie zielen auf ein jüngeres Publikum zielen. Womit?

Köhler: Wir möchten das Durchschnittsalter des Publikums senken, und das bedeutet: Wir sollten die Programme danach einrichten. Jugend will Rhythmus, man kann ihr nicht nur Verinnerlichung und Verklärung bieten. Die Musik muss vital sein - auf möglichst hohem Niveau selbstverständlich. Wir haben auch ein soziologisches Problem. Es gibt Veranstaltungen, da geht man als junger Mensch einfach nicht hin. Dann müssen wir auf sie zugehen - vielleicht durch Auftreten in den Schulen oder, indem wir Künstler und Zuhörer nach den Konzerten zusammenbringen zum zwanglosen Miteinander. Die Kammermusikalische Vereinigung finanziert ihre Konzerte zum größten Teil durch Patronate, also regelmäßige Beiträge von Privatpersonen. Das ist ja ein urbürgerliches Prinzip.

Hat das noch Zukunft?

Hilgers: Bis jetzt sieht es so aus.

Köhler: Ganz klar: es ist ein Modell für die Zukunft. Wir wären schlecht beraten, wenn wir es ändern wollten.

1. Kammerkonzert am heutigen Mittwoch, 20 Uhr, im Kurfürstlichen Palais Trier. Das "Trio Apollon" (drei Solisten der Staatskapelle Berlin) spielt Werke von Mendelssohn, Enescu, Poulenc und Beethoven.

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