Trier diskutiert, Saarbrücken investiert

Saarbrücken · Das Theater Saarbrücken hat seine Tore wieder geöffnet. 15 Millionen Euro wurden in eine neue Bühnentechnik auf höchstem Niveau investiert. Dank Punktlandung bei Budget und Terminen konnte Intendantin Dagmar Schlingmann das Publikum wie geplant zu einer aufwendigen Produktion der Oper "Tosca" begrüßen.

Saarbrücken. Dass in deutschen Theatern (Wieder-)Eröffnungen gefeiert werden, ist selten geworden. Und wenn in den Bau investiert wird, dann meistens, um zu verhindern, dass marode Substanz zu einer Schließung des Hauses führt. Wie in Trier , wo über 20 Millionen Euro aufgerufen sind, um die Bruchbude halbwegs auf Vordermann zu bringen - aber selbst das ist umstritten.
In Saarbrücken hat man sich dagegen den erfreulichen Luxus geleistet, in die Bühnentechnik und damit ins Niveau der Produktionen zu investieren. 15 Millionen für ein verknüpfbares System von Dreh- und Hebebühnen, computergesteuert, variabel. Ein Traum für jeden Theatermacher.
Träger und Finanzier des Staatstheaters ist das Land, und das ist notorisch pleite. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer ahnt denn auch, dass die Kollegen aus anderen Bundesländern da schon mal die Augenbrauen hochziehen. "Eine solche Investition ist auf den ersten Blick erstaunlich für ein Haushaltsnotstandsland", räumt sie ein. Um gleich darauf die Bedeutung des Hauses für das kleinste Flächen-Bundesland zu betonen. Das Staatstheater gehört halt zu den bestandsgeschützten Identifikations-Objekten an der Saar - gleich nach dem Saarländischen Rundfunk.
Auferstanden aus Ruinen


Das sah vor ein paar Jahren deutlich düsterer aus. 2005 warf Intendantenlegende Kurt-Josef Schildknecht den Bettel hin, weil das Land von ihm verlangte, den 24,5-Millionen-Etat um ein Viertel zu kürzen.
Seine Nachfolgerin Dagmar Schlingmann akzeptierte zumindest einen Teil der harten Sparschnitte, begann aber dann mit der Wiederaufforstung. Eine kluge Repertoirepolitik hielt einerseits das nicht übermäßig metropolitane Saarbrücker Publikum bei der Stange, bot aber auch immer wieder innovative künstlerische Highlights.
So erweiterte sie die Handlungsspielräume, programmlich wie in Sachen Geld. Heute liegt das Budget mit über 30 Millionen Euro (bei vier Millionen Eigeneinnahmen) wieder auf der Linie der Schildknecht-Jahre.
Um die auch andernorts begehrte Intendantin zu halten, gab es von der Politik Garantien für Personalstand, Sparten und Spielstätten. Auch die aktuellen Investitionen wären ohne ein hohes Maß an Vertrauen in Schlingmann schwerlich denkbar.
Dass Letzteres berechtigt ist, zeigte die punktgenaue Abwicklung des heiklen Umbaus. Wo andere Theater Besucher einbüßen, drehten die Saarbrücker erst richtig auf. Die Tournee des Staatstheaters durch spektakuläre Industriestandorte fand großes Interesse, der "Rigoletto" im Weltkulturerbe Völklinger Hütte - eine mordsmäßige Kraftanstrengung - geriet zum absoluten Publikumsrenner.
So kehrt das Theater zum Ende des Jahres gestärkt und mit erkennbar hoher Motivation in das angestammte Haus zurück - pünktlich zum 75. Geburtstag. Dass das Theater einst von den Nazis als "Bollwerk gegen den französischen Kulturbolschewismus" gebaut wurde, soll bei den Festivitäten aber keineswegs unterschlagen werden.
Das Staatstheater geht optimistisch in die nächsten Jahre - möglicherweise auch über 2016 hinaus mit Dagmar Schlingmann. Vorausgesetzt, es gibt keine unerfreulichen Überraschungen. Wie bei der zweiten "Tosca"-Aufführung, die abgesagt werden musste - weil die neue Bühnentechnik streikte.

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