Trierer Autor schreibt Porträt eines heimlichen Stars

Trier · Arleen Auger war keine Sängerin, deren Auftritte die Massen anzogen. Und dennoch war sie für zahlreiche Musiker, Musikfreunde und Sängerkollegen vorbildlich. Der Trierer Autor Ralph Zedler hat jetzt ihre Biografie veröffentlicht. Die schildert nicht nur Leben und künstlerisches Wirken dieser Sopranistin, sondern liefert auch ganz nebenbei ein Bild vom aktuellen Musikleben.

Trier. Sie war im internationalen Musikleben eine der "hidden champions", der heimlichen Stars. Die Sopranistin Arleen Auger erreichte nie die Breitenwirkung einer Callas, Tebaldi, Popp, Sutherland oder Fleming. Trotzdem gehört sie zu den Sängerinnen, die am umfangreichsten auf Schallplatte, DVD oder CD dokumentiert sind. Arleen Auger (1939-1993) war nicht nur auf der Bühne und im Konzertsaal präsent, sondern auch bei vielen Musikfreunden im heimischen Wohnzimmer. Ihre Diskografie umfasst 32 Opern-Gesamtaufnahmen, 176 Einspielungen im Konzertfach, darunter die großen Oratorien und zahlreiche Bach-Kantaten. Rund 250 Aufnahmen sind es insgesamt. Hinzu kommen an die 40 Fernseh- und DVD-Produktionen. Zahllose Aufnahmen schlummern zudem noch in den Rundfunkarchiven.
Ralph Zedler hat diese Fakten und noch etliche mehr akribisch zusammengetragen. Dem Trierer Pianisten, Liedbegleiter, Kapellmeister und Musikwissenschaftler, der vor einigen Monaten beim renommierten Label MDG eine CD mit Musik von Pablo de Sarasate herausbrachte, gelingt eine sorgfältige, hellhörige, sensible und dabei ungeschönte Annäherung an eine Sängerin, die spätestens seit Beginn ihrer intensiven Zusammenarbeit mit Helmuth Rilling 1974 höchste Anerkennung genoss. Zedler hat umfangreiche Dokumente gesichtet und eine große Zahl von Zeitzeugen befragt, nicht zuletzt Augers Familie. Er schildert in einem bemerkenswert klaren, vom Fachbegriffsballast freien Stil die Anfänge in ihrem Heimatland Amerika, die Entdeckung durch Karl Böhm 1967, die Zusammenarbeit mit Helmuth Rilling in Stuttgart, die Wendung vom Konzertfach zurück zur Oper, ihr Wirken als Gesangsprofessorin an der Frankfurter Musikhochschule. Zedler übergeht auch dunkle Kapitel in ihrer Biografie nicht. Stets klingt in seinem Text indessen eine von aller Sensationslust freie, sympathische Deutlichkeit mit.
Intrigen und Zwänge


Zedlers Buch ist dabei mehr als ein Personenporträt. Es gewährt Einblicke in das Innere des europäisch-amerikanischen Musiklebens mit seinen Verwicklungen, Intrigen und kommerziellen Zwängen, aber auch mit seinen Entdeckungen und Sternstunden. Und im Kapitel über Augers "künstlerisches Credo" beschreibt der Trierer Autor sängerische Grundlagen so plastisch, dass auch der Laie davon profitiert.
In der Region ist Arleen Auger nie aufgetreten. Aber ihre Studenten gaben Mitte der 1980er Jahre in der Trierer Promotionsaula ein Konzert. Bei ihnen konnte man hören, was Arleen Auger wichtig war: die helle, reine, forcierungsfreie Tongebung, der schlanke, unverschnörkelte und sensible Gesangsstil. All das ist bis heute vorbildlich. mö
Ralph Zedler: "Arleen Auger. Würdigung eines heimlichen Stars", 443 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Dohr-Verlag, Köln, 39,80 Euro

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