Trierer Buchhändlerin gehört zur Jury für den Deutschen Buchpreis

Trier · Susanne Link, Filialleiterin der Stephanus Universitätsbuchhandlung in Tarforst, gehört zur siebenköpfigen Jury, die in diesem Jahr den besten deutschsprachigen Roman kürt. Insgesamt 167 Titel konkurrieren um den begehrten Deutschen Buchpreis, der im Oktober zum zehnten Mal verliehen wird.

 Streng geheim: Welche Titel für den Deutschen Buchpreis eingereicht wurden, darf Susanne Link nicht verraten. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Streng geheim: Welche Titel für den Deutschen Buchpreis eingereicht wurden, darf Susanne Link nicht verraten. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Trier. Kleine, aber recht schwere Pakete mit dem Absender "Börsenverein des Deutschen Buchhandels" landen in diesen Tagen immer wieder in der Buchhandlung Stephanus im Treff an der Universität Trier. Die Adressatin: Filialleiterin Susanne Link. Alle Mitarbeiter wissen dann: Von dieser Post haben sie die Finger zu lassen - der Inhalt ist streng geheim.
Nach und nach bekommt Susanne Link die 167 Romane zugeschickt, die von Verlagen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz für den diesjährigen Deutschen Buchpreis eingereicht wurden. Einer davon wird am 6. Oktober zum "besten deutschsprachigen Roman des Jahres" gekürt. Wer sich über diese Auszeichnung freuen darf, entscheidet eine siebenköpfige Jury, in der in diesem Jahr auch Susanne Link sitzt.
"Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich zu diesem ausgewählten Kreis gehöre", sagt die 44-Jährige. Zumal sie erst die dritte Buchhändlerin sei, die jemals in diesem Gremium gesessen habe - und das bei bislang neun Preisverleihungen. "Dabei gibt es viel mehr Leserinnen und auch viel mehr Buchhändlerinnen als Leser und Buchhändler in Deutschland", sagt sie und lacht.
167 Romane, das ist selbst für die Vielleserin Susanne Link, die 90 Bücher im Jahr schafft, zu viel. Deswegen wird sie einen Großteil lediglich sichten. Dabei geht sie so vor: "Ich lese etwa die ersten 50 Seiten, dann überspringe ich einiges und schaue noch einmal in der Mitte rein.
Spätestens dann habe ich ein Gefühl für die Sprache, und der Inhalt erschließt sich", erklärt sie und fügt hinzu: "Ich merke relativ schnell, ob ein Buch gut ist." Gut - das bedeutet für sie, dass das Buch sie in keinem Moment langweilt. Dass es spannend ist. Dass die Geschichte lebendig erzählt wird. Und dass der Aufbau funktioniert.
Eine ganz wichtige Bedeutung habe natürlich die Sprache: "Deutsch ist schön, die Sprache hat viele Ausdrucksmöglichkeiten", sagt sie. Gleichzeitig aber müsse das Buch lesbar bleiben, dürfe nicht "nur Stil" sein.
Richtig lesen, also dem Buch von der ersten bis zur letzten Seite Aufmerksamkeit schenken, wird Susanne Link circa 25 Einreichungen. Jedes Jurymitglied ist für etwa so viele Titel verantwortlich. Das bedeutet, sie intensiv zu begutachten und den anderen davon zu berichten.
Derzeit läuft dieser Austausch über E-Mail - und es zeichne sich bereits ab, dass es die eine oder andere Diskussion geben werde, so Link.
Was dazugehört, denn: "Wir sind eine super Truppe, aber eben auch sieben völlig verschiedene Menschen. Jeder ist anders. Jeder liest anders." Erstmals gehören in diesem Jahr gleich zwei Buchhändler zur Jury: Neben Susanne Link begutachtet auch der Berliner Buchhändler Frithjof Klepp die literarischen Werke. Sprecherin der Jury ist die freie Literaturkritikerin Wiebke Porombka.
Am 13. August wird die sogenannte Longlist, also die lange Liste, bekanntgegeben, auf der 20 Titel stehen. Bis zum 10. September einigen sich die Juroren darauf, wer es auf die Shortlist, die kurze Liste mit sechs Titeln, schafft. Und welcher Titel schließlich am 6. Oktober den begehrten Preis erhält. Ein Drittel der 167 Bücher habe sie schon durch, sagt Link.
Ein Teil ist noch gar nicht veröffentlicht - manche Titel wird die Jury als E-Book, also als elektronisches Buch, erhalten, da Hardcover-Ausgaben erst im Herbst erscheinen. Spätestens aber zur Bekanntgabe der Shortlist müssen sie im Handel sein.
Susanne Link liest auf dem Weg zur Arbeit im Bus, wenn sie mit dem Zug unterwegs ist und ganz klassisch abends im Bett. Sonntags macht sie es sich mit ihrem Bücherstapel gern im Lesesessel gemütlich. So richtig viel Gutes sei ihr bislang allerdings noch nicht begegnet. Aber einen Favoriten habe sie trotzdem schon, meint sie geheimnisvoll.Extra

Zum zehnten Mal zeichnet die Stiftung Börsenverein des Deutschen Buchhandels in diesem Jahr zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den besten Roman in deutscher Sprache aus. 101 Verlage, darunter 17 aus Österreich und 16 aus der Schweiz, haben insgesamt 167 Romane eingereicht. 14 Titel sind bereits im vergangenen Herbst erschienen, 84 stammen aus dem aktuellen Frühjahrsprogramm, 69 werden erst in diesem Herbst veröffentlicht. Jeder Verlag kann maximal zwei Titel vorschlagen, bis zu fünf weitere dürfen empfohlen werden. Diese Empfehlungsliste, von der die Juroren weitere Titel anfordern können, zählt 74 Romane. Der Buchpreis ist mit insgesamt 37 500 Euro dotiert. Der Preisträger erhält 25 000 Euro, die anderen fünf Autoren der Shortlist je 2500 Euro. Im vergangenen Jahr erhielt Terézia Mora den Hauptpreis für ihren Roman "Das Ungeheuer". Im Jahr davor ging der Preis an den Roman "Landgericht" von der in Trier geborenen Autorin Ursula Krechel. arn www.deutscherbuchpreis.deExtra

Susanne Link, geboren 1970, hat in Trier Literaturwissenschaften studiert. Mit 33 Jahren begann sie in der Stephanus-Buchhandlung in Tarforst eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Seit 2006 ist sie Filialleiterin des Geschäfts an der Uni Trier, das 2010 vom Magazin BuchMarkt zur "Fachbuchhandlung des Jahres" gekürt wurde. Eine weitere Auszeichnung erhielt Susanne Link von der Evangelischen Studentinnen- und Studentengemeinde Trier (ESG): 2009 wurde ihr das "Goldene Ei" für ihr besonderes Engagement und ihre Freundlichkeit überreicht. arn www.stephanus.de

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