Trierer Domorganist grüßt Polen musikalisch

Trier · Zum Abschluss der Internationalen Orgeltage im Trierer Dom hat Domorganist Josef Still den Blick gen Osten gerichtet. Mit "Witamy Polske!" ("Wir grüßen Polen") war das sechste Konzert der Reihe überschrieben.

 Domorganist Josef Still (rechts) neben dem früheren polnischen Staatspräsident Lech Walesa. Foto: privat

Domorganist Josef Still (rechts) neben dem früheren polnischen Staatspräsident Lech Walesa. Foto: privat

Foto: (g_kultur

Trier. Zu Polen hat Josef Still schon seit langem eine besondere Affinität. Nicht nur, dass regelmäßige Konzertreisen ihn zu unserem östlichen Nachbarn führen. Inzwischen hat er auch die für deutsche Zungen nicht ganz einfache Sprache erlernt. Da wundert es nicht, dass das letzte Konzert der Dom-Orgeltage in Kooperation mit den Musikfestspielen Saar stattfand, die Polen in den Fokus des Geschehens rücken.
Eine besondere Freude für Still war die Tatsache, dass der ehemalige polnische Staatspräsident Lech Walesa (siehe Foto) am vergangenen Montag Trier besuchte und er dem Friedensnobelpreisträger schon Teile seines Konzertprogramms präsentieren konnte. Dazu gehörten neben Auszügen aus Tabulaturen des 16. Jahrhunderts vor allem zwei Sinfonien des polnischen Meisters Feliks Nowowiejski und die Choraltoccata über "Wachet auf, ruft uns die Stimme" des Zeitgenossen Jan Janca.
Polen, dessen Musik durch den Eisernen Vorhang in unseren Breiten nie eine größere Beachtung gefunden hat, ist ein durch und durch katholisch geprägtes Land, in dem die Marienverehrung einen besonderen Stellenwert genießt. So wunderte es nicht, dass bei den beiden Orgelsinfonien marianische Wallfahrtslieder die Basis bildeten. In sehr ausführlicher Weise widmet sich der Komponist den Hymnen an die Gottesmutter und unterstreicht damit die tiefe Frömmigkeit, mit der Maria in Polen verehrt wird.
Technisch makellos und teilweise sehr virtuos nutzte Still die breite Farbpalette der Domorgel, um dieser Religiosität ein passendes Klanggewand zu geben, wobei ihm die beiden langsamen Sätze der Sinfonien mit ihrem pastellhaften Charakter besonders eindrucksvoll gerieten. Jancas Choraltoccata konnte durch ihre französisch-symphonischen Stilanteile glänzen. Wer sich in die Klangwelt der Renaissance versetzen konnte, für den waren die Auszüge aus den Tabulaturen besondere Schätze. Natürlich fehlte ihnen der herbe Charme der historischen Stimmung. Trotzdem gelang es Still, mit geschickten Registrierungen in eine authentische Richtung zu weisen.
Der Abend setzte den Schlusspunkt an die diesjährige Konzertreihe im Dom, die sich musikalisch wieder auf hohem Niveau bewegte, aber nicht ganz so viel Besucherzuspruch fand, wie in vergangenen Jahren. Beim Finale aber konnte Still die rund 250 Besucher begeistern. gkl

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