Opernabend Eine herrlich leichte Auszeit

Trier · Geistreich und ohne Bodenschwere: So präsentiert sich das Musiktheater openair.

 Von der hohen Kochkunst der Musik: Janja Vuletic und Blaise Rantoanina in „La Bonne Cuisine“ von Leonard Bernstein.

Von der hohen Kochkunst der Musik: Janja Vuletic und Blaise Rantoanina in „La Bonne Cuisine“ von Leonard Bernstein.

Foto: Eva-Maria Reuther

„Oh welche Lust, in freier Luft den Atem leicht zu heben“. Falsch: Das ist nicht das Lied der von Mundschutz und Ausgangsbeschränkung Befreiten in Corona-Zeiten, sondern der Chor der Gefangenen aus Beethovens Oper „Fidelio“. Der stand am Samstag beim Openair des Theaters Trier im Brunnenhof zwar nicht auf dem Programm, aber atmosphärisch im Raum. Brachte doch die musikalische Soiree der Musiktheater-Sparte den 90 Zuhörern für eine gute Stunde die Leichtigkeit und Unbeschwertheit eines warmen Sommerabends aus Vor-Corona-Zeiten wunderbar zurück.

„Impromptu“ (aus dem Stegreif) hieß die musikalische Folge aus solistischen und szenischen Beiträgen, die Operndirektor Jean-Claude Berutti zusammengestellt und eingerichtet  hatte. Lockerheit, Frische, Spontanität und Witz verbanden sich darin mit musikalischem Genuss. Einmal mehr war geradezu tröstlich zu erleben, wie aus dem Geist der Musik Entspannung und Heiterkeit kommen. Das ausgesprochen feinsinnige Programm und die durchweg eindrucksvollen Interpreten bescherten dem  Publikum eine seelenvolle Auszeit aus dem Alltag, ein Durchatmen, wie es nur die Kunst schafft.

Auch an diesem Abend reimte sich auf Herz Schmerz. Liebe, Leid, Glück und Unglück lagen nah beieinander, all das aber kunstvoll, geistreich und ohne jede Bodenschwere. Komponisten des 19.und 20. Jahrhunderts standen auf dem Programm von Hugo Wolf bis Hanns Eisler und Leonard Bernstein. Gleich eingangs erinnerte Réka Kristóf beseelt mit Hugo Wolfs „Auch kleine Dinge können uns entzücken“ daran, was in Corona-Zeiten angesagt ist. Was Menschen zu aller Zeit bewegt, wurde zur nachdrücklichen Forderung  in Hanns Eislers berühmten Lied „Despite these miseries“ nach einem Wort  des Philosophen Blaise Pascal, gesungen von Karsten Schröter. „Trotz dieses Unglücks wollen wir glücklich sein.“ Um verschmähte Liebe, um Eifersucht, das Lob der Schönheit und der Verliebtheit ging es in den musikalischen Mini-Dramen aus Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“, denen die Stimmen von Derek Rue, Réka Kristof und Matthias Bein ausdrucksstark Gestalt verliehen. Wunderbar warm erklang Matthias Beins geschmeidiger Bass-Bariton in „Gesegnet sei, durch den die Welt gemacht“. Als Beziehungskiller betätigt sich das Telefon in Gian-Carlo Menottis witziger Miniatur-Oper „The Telephone“. Bis der Verliebte, der angesichts der Dauertelefonate seiner Angebeteten nicht zum Zug kommt, aus der Not eine Tugend macht. Er erklärt seine Liebe fernmündlich. Als zwei begnadete Komödianten machten Einat Aronstein und Carl Rumstadt aus dem amüsanten Stück mit seinen Running Gags ein spritziges, funkelndes Vergnügen mit dem Fazit: Auch in der Liebe hat nur Erfolg, wer die Mittel und Strategien aktualisiert. Und weil kluge Leute auch über sich selbst lachen können, nahmen schließlich in einer herrlichen Persiflage Blaise Rantoanina und Janja Vuletic in Leonard Bernsteins „La Bonne Cuisine“ die  hohe Kochkunst der Kunstlied-Tradition  und anderer musikalischer Stile munter auf die Schippe. Gottes biblisches Machtwort zum Auftakt der Schöpfung müsse gesungen worden sein, zitierte Wouter Padberg, der die musikalische Leitung hatte und mit Malte Kühn und Korrepetitor Andrey Litvinenko den Abend am Klavier hochpräsent begleitete, zum Schluss eine Vermutung von Bernstein. Klingt nach diesem Abend absolut wünschenswert. Herzlicher Applaus!

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