Junge Kunst Die Straße als Galerieraum

Trier · Der Trierer Kunstverein Junge Kunst bietet mit seinem Projekt „SchaufesterKunstschaufenster“ ein besonderes Outdoor-Programm.

 Britta Deutsch vom Kunstverein zeigt das Kunstschaufenster der Galerie Junge Kunst in Trier.

Britta Deutsch vom Kunstverein zeigt das Kunstschaufenster der Galerie Junge Kunst in Trier.

Foto: Eva-Maria Reuther

Ein paar Passanten bleiben stehen. Auf der anderen Straßenseite zeigt ein Junge  dem kleinen Mädchen an seiner Hand das Video im Schaufenster der Galerie Junge Kunst. Die beiden Kinder winken fröhlich herüber. Und schon sind sie selbst im Video als Spiegelbild zu sehen.

Vor dem Fenster der Galerie steht Britta Deutsch mit einer offensichtlichen Kunstfreundin im lebhaften Gespräch. Sie sehne sich nach Kunst, habe ihre Gesprächspartnerin geklagt, berichtet die zweite Vorsitzende des Kunstvereins, der die Galerie betreibt. Sobald der Lockdown überstanden sei, habe sie sich vorgenommen, jeden Tag Konzerte, Theater oder  Ausstellungen zu besuchen. Derzeit müssen Kunstliebhaber allerdings erstmal draußen bleiben. Weshalb auch das Programm der Jungen Kunst vorerst ein Mix aus Outdoor- und Online-Angebot ist.

Seit ihren Anfängen profitiert die Galerie von ihrer Vergangenheit als Ladenlokal. Das über die ganze Breite der Fassade reichende Schaufenster in der Karl-Marx-Straße ermöglicht, Ausstellungen auch unabhängig von den Öffnungszeiten zu betrachten. In etlichen früheren Projekten war die Durchdringung von draußen und drinnen sogar Teil der künstlerischen Idee und der szenischen Mittel.

Derzeit hat sich der Galerieraum ganz nach außen verlagert. Das Fenster ist zum offiziellen Kunstschaufenster geworden. Die Straße davor hat sich zum Schauraum verwandelt, von dem aus Vorübergehende verfolgen können, was auf den beiden großen Bildschirmen im Galeriefenster abläuft. Dabei werden Straße und Passanten, die sich im Fenster und den Scheiben der Monitore spiegeln, selbst zur Bühne und zu  Mitspielern in einer sich ständig verändernden Inszenierung.

Gerade laufen Thomas Bachlers Porträts seiner Lochkamera  über den Bildschirm und erzählen von der Unsicherheit und Flüchtigkeit der Bilder. Daneben sind Landschaften des Neusser Künstlers Jürgen Hille zu sehen. „Das ist im Augenblick unsere Art, nach außen zu kommunizieren“, sagt Britta Deutsch. So etwas wie ein Signal sei das, nach dem Motto „Hallo, wir sind noch da. Es geht weiter.“

Online gibt es das schon länger. So bietet der Kunstverein neben dem Schaufenster Videos, die in loser Folge wechseln, und seit einiger Zeit auch seine Vernissagen online an. Die Resonanz sei erfreulich, berichtet Deutsch. Gleichwohl ist auch für die Künstlerin klar: Nichts geht über analoge Ausstellungsbesuche und das unmittelbare Kunsterlebnis. Dass manch einem  das Ausstellungsvideo den Besuch ersetzen könnte, sieht Deutsch durchaus. 

Um ihr Online- und Video-Programm zu realisieren und auch innerhalb des Vereins mittels virtueller Konferenzen die Kommunikation aufrechtzuerhalten, musste der Verein tüchtig digital aufrüsten. Neben den Bildschirmen im Schaufenster wurden Computer und andere Infrastruktur angeschafft. Dabei gab es kräftig Unterstützung. Die stattlichste Summe an Fördermitteln  kam mit 10 000 Euro vom Land Rheinland-Pfalz.

Wie  auf Besucher im traditionellen Galeriebetrieb wirkt auch aufs Outdoor-Publikum nicht alles gleich nachhaltig. „Langsamere Formate werden besser wahrgenommen“, erzählt Deutsch. Die Darstellung von Menschen zöge zudem die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Eine dunkle und eine helle Gestalt erscheinen gerade auf dem Bildschirm. Und schon bleibt gegenüber ein Fußgänger stehen. Keine Frage: Das digitale Kunstschaufensterprojekt ist  interessant. Spannend wäre ein Projekt, das den Zusammenhang zwischen Online-Outdoor-Präsentation, Außenraum und Rezeption durchs Publikum einmal eingehend reflektierte.

Das Online-Programm der Jungen Kunst ist auf der Website der Galerie einzusehen unter www.junge-kunst-trier.de

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