Theater Intendant bewertet Theater-Spielzeit – Glückliche Zuschauer, glänzende Zahlen

Trier · Schon in seiner ersten Spielzeit ist es Theaterintendant Manfred Langner gelungen, nicht nur glückliche Zuschauer, sondern auch glänzende Zahlen zu präsentieren. Wie hat er das geschafft?

 Plant nun seine zweite Spielzeit am Trierer Theater: Intendant Manfred Langner.

Plant nun seine zweite Spielzeit am Trierer Theater: Intendant Manfred Langner.

Foto: Theater Trier

Er könnte jetzt irgendwo bei Nizza an der Côte d’Azur sitzen, mit Blick aufs Meer, ein Gläschen Wein in der Hand, in Gedanken bei seinem nächsten Theaterstück, das er als Gastregisseur irgendwo in Deutschland auf die Bühne bringt, ehe er zu seiner Frau nach Frankreich zurückkehrt.

Doch dann suchte Trier einen neuen Intendanten. Und so tauschte Manfred Langner die Côte-d’Azur-Pläne gegen ein krisengeschütteltes, stark sanierungsbedürftiges Theater voll muffig dunkler Gänge,  dessen schiere Existenz in den vergangenen Jahren immer wieder bedroht war. Ob er diesen Schritt bereut hat? „Nicht eine Sekunde“, sagt Triers Theaterintendant beim Blick auf seine überaus erfolgreiche erste Spielzeit, die kommende Woche zu Ende geht.

Als Langner das Trierer Drei-Sparten-Haus 2017 zum ersten Mal besuchte, sei alles traurig gewesen: Die Damen an der Kasse blickten traurig, die Zuschauer in den halbleeren Reihen und selbst die Schauspieler auf der Bühne. „So darf Theater nicht sein“, sagt der ehemalige Chef der Stuttgarter Schauspielbühnen, dessen Erstkontakt mit Triers Theater in eine besonders schwierige Phase fiel.  Ex-Intendant Karl Sibelius hatte das Haus nach Bekanntwerden eines Millionen-Defizits ein paar Monate zuvor mit einer Abfindung verlassen. Geführt wurde es seitdem von einem (theoretisch) siebenköpfigen Gremium – wobei die Operndirektorin langfristig ausfiel und bereits bekannt war, dass der Vertrag des mit Sibelius heillos zerstrittenen Schauspielchefs Ulf Frötzschner für die folgende Spielzeit nicht verlängert werden würde, was zu massiven Protesten seines Ensembles führte. Kurz: Die Stimmung war tatsächlich schlecht.

Eine Übergangsspielzeit unter Caroline Stolz und Alexander May glättete die Wogen. „Auf dieser Welle konnten wir weitersurfen“, sagt Langner, dem es mit seinem Team schon in der ersten Spielzeit gelungen ist, die Zuschauerzahlen zu erreichen, die Oberbürgermeister Wolfram Leibe als mittelfristiges Ziel ausgegeben hatte: Am Rande der gefeierten Dernière von „Blue Jeans“ wurde diesen Dienstag die 100 000. Zuschauerin empfangen.

Bei einer Gesamtauslastung des Hauses von aktuell rund 85 Prozent ist sehr viel mehr auch gar nicht drin. Viele Produktionen – darunter „Blue Jeans“, „Piaf“, „Politisch korrekt“, „Madama Butterfly“ oder „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ – waren mit einer Auslastung zwischen 95 und 100 Prozent so beliebt, dass fast alle verfügbaren Karten weggingen. Typisches Bild: Kaum fällt der Vorhang, schon springen alle jubelnd aus den Sitzen und klatschen, bis die Hände schmerzen. Da hört man Damen in der langen Sektschlange schon mal meckern: „Vor ein paar Jahren, da war es so schön ruhig hier.“

„Am Anfang war es schon sehr aufregend“, sagt Langner, dessen erstes Ziel es war, die Menschen, die er neu mitgebracht hatte und diejenigen, die bereits jahrelang am Theater arbeiten, zu einem Team zusammenzuschweißen. Ein Betriebsausflug auf einem Moselbötchen half dabei ebenso wie die Tatsache, dass fast alle Produktionen inzwischen spartenübergreifend sind.

Auch wenn nicht alle Stücke der Publikums-Renner waren, darunter das von Langner selbst inszenierte „Marx’-Bankett“, ist der Ex-Stuttgarter rundum zufrieden, da er alle gesteckten Ziele erreicht habe: Die Theatersanierung ist beschlossene Sache, die Stimmung ist deutlich besser, es gab Freilichtspiele, Erst- und Uraufführungen, 25 Prozent mehr Abos (nun sind es 2000) und jede Menge junges Publikum. Langner schätzt, dass etwa ein Viertel der Besucher Studenten und Schüler sind. Allein das Kinderstück „Der Zauberer von Oz“ sahen knapp 20 000 junge Zuschauer. Was auch daran liegen dürfte, dass die Schulen der Region nun bereits vor den Sommerferien gebeten werden, ihre Wunschtermine zu reservieren. Auch der Kinder- und Jugendchor sei Botschafter des Theaters und erreiche ganz viele junge Menschen.

Aber wie kommt es zu dem Erfolg? Hat der auch mit dem politischen Rückhalt aus dem Rathaus zu tun? „Absolut. Wir haben aber auch gezeigt, wir machen Theater für euch, nicht für uns: tolle Abende zum Nachdenken, zum Lachen, Abende, die berühren“, sagt Langner. Das ganze Haus verstehe das und wolle das. Er habe ein „ganz tolles Team“, das in allen Positionen sehr engagiert sei.

Ist dem Intendanten denn nicht ab und an der Vorwurf begegnet, zu viel Populäres zu bieten? „Nein, eigentlich nicht“, sagt Langner. Im Haus habe es die Sorge gegeben, es könne zu gefällig sein. „Das hat sich aber schnell gegeben, weil verstanden wurde, dass das der Weg ist in die Köpfe und die Herzen der Menschen.“ Er empfinde Niedrigschwelliges nicht als negativ. Bedeute es doch, dass man niemanden ausgrenzt. „Wir wollen auch Menschen erreichen, die nie ins Theater gegangen sind.“ Und so orientiert sich auch die kommende Spielzeit am Erfolgsrezept der nun endenden: Große Stoffe, bekannte Namen, wenig Provokantes gemischt mit einem Schuss Witz, Experiment, Politischem und Lokalkolorit.

Aber erst einmal geht es ab in den Urlaub. Auf Korsika wird Langner bald aufs Meer blicken, ein Gläschen Wein in der Hand, in Gedanken bei seinem nächsten Theaterstück über Trier und die 20er Jahre, das er nicht irgendwo in Deutschland auf die Bühne bringt, sondern in seiner neuen Heimat, der er noch eine ganze Weile treu bleiben will, ehe er irgendwann an die Côte-d’Azur zieht.

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