Tufa inszeniert episches Theater - Lerneffekt statt Unterhaltung

Trier · Als Beitrag zum Kultursommer Rheinland-Pfalz bringt die Tufa Trier ab Anfang Mai Thornton Wilders Klassiker "Unsere kleine Stadt" auf die Bühne. Karsten Müller, ehemaliger künstlerischer Leiter der Landesgartenschau, inszeniert das epische Stück mit einem multimedialen Begleitprogramm.

Trier. "Unsere kleine Stadt" ist unter dem Originaltitel "Our Town" 1938 in den USA uraufgeführt worden. In drei Akten stellt es Ausschnitte aus zwölf Jahren Alltagsleben in der Kleinstadt Grover\'s Corners in New Hampshire zur Zeit der Jahrhundertwende dar. Jeder kennt jeden, alle gehen täglich Pflichten und Ritualen nach, Kinder werden geboren, junge Leute heiraten, jemand stirbt. Autor Thornton hat genaue geografische Koordinaten für diesen Ort angegeben. "Doch tatsächlich ist es eine fiktive Stadt, und so haben wir uns gedacht, das könnte auch Trier sein", erklärt Regisseur Karsten Müller, der zuletzt "Tufa Unlimited" zum 25. Jubiläum der Tufa inszeniert hat. Mit einem Ensemble aus 50 Mitwirkenden, darunter der Frauenchor Polyhymnia, überträgt er das Stück auf hier und heute, folgt aber Wilders Grundidee. Wilder ist wie sein Zeitgenosse Berthold Brecht Vertreter des epischen Theaters, bei dem ein Lerneffekt statt Unterhaltung im Vordergrund stehen soll und vor allem das Publikum einbezogen wird. "Mit den medialen Mitteln, die uns heute zur Verfügung stehen, haben wir diese Einbeziehung erweitert und schon im Vorfeld der eigentlichen Bühneninszenierung begonnen", sagt Müller und verweist auf das besondere Rahmenprogramm. Eröffnet wurde es mit einem Fotowettbewerb um Miniaturansichten der Stadt Trier, aus dem Kerstin Benzmüller mit einer Aufnahme vom Trie rer Hauptmarkt als Siegerin hervorging. Vergangene Woche gab es einen "Flashmob" (über Internetnetzwerke organisierte, spontane Gruppen-Aktion), bei dem sich Figuren des Stücks in Geschäften der Trierer Innenstadt vorstellten. Aktuell zeigen Terminals in als "Paten" auftretenden Trierer Mode- und Kaufhäusern Videos der Protagonisten. Dort angebrachte QR Codes eröffnen die Möglichkeit, mit den Figuren über Email oder Chat in Kontakt zu treten. "Diese Kontakte ziehen Kreise und sollen sich ausbauen zu einem Bild von unserer Stadt Trier", erläutert Karsten Müller. Wenn das Stück dann auf der Bühne Premiere feiert, geht es ebenfalls um Bilder, die sich jeder von seiner Stadt macht. Denn zu der von Müller fortgeführten Umsetzung der Idee von Wilder gehört das Spiel mit der Vorstellungskraft der Zuschauer. "Das Bühnenbild wird, wie in Wilders Regieanweisung, sehr spartanisch sein, ganz in Schwarz. Gesten und Worte ersetzen Requisiten und Bilder", erklärt der Regisseur. "Deshalb müssen sich die Zuschauer unter Abgleich mit dem, was sie kennen, alles selbst denken und vorstellen". Das korrespondiert mit dem, was das Stück erreichen will, Menschen wachzurütteln, ihr Leben bewusst wahrzunehmen und zu leben. Und es korrespondiert mit dem Motto des Kultursommers "Mit allen Sinnen". ae"Unsere kleine Stadt" feiert am Samstag, 3. Mai, um 20 Uhr Premiere im großen Saal der Tufa. Weitere Aufführungen am 7., 16., 21. und 28. Mai sowie am 6. Juni je um 20 Uhr. Vorprogramm ab 19 Uhr. Informationen über das multimediale Stück sind auf der Homepage zu finden.unsere-kleine-stadt.tv

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