Theater Trier Mit falschen Tönen zum Weltruhm

Trier · Schauspiel: Ulf Dietrich inszeniert in Trier „Souvenir“ – Aus dem Leben einer schillernden Persönlichkeit der 1940er.

 Barbara Ullmann spielt Florence Foster Jenkins, Jan Walter übernimmt die Rolle des Cosmé McMoon (Mitte). Ulf Dietrich inszeniert „Souvenir“ am Theater. Premiere ist am 31. August.

Barbara Ullmann spielt Florence Foster Jenkins, Jan Walter übernimmt die Rolle des Cosmé McMoon (Mitte). Ulf Dietrich inszeniert „Souvenir“ am Theater. Premiere ist am 31. August.

Foto: Theater Trier/Christoph Traxel

(no) Florence Foster Jenkins (1848 - 1944) war die einzige Sängerin, die nie eine Note richtig traf. Das hinderte sie nicht daran, zu einer Kultfigur im Musikbetrieb zu werden – mal belächelt, mal bemitleidet, aber stets umjubelt. Ihre Biografie ist mehrfach für die Bühne und den Film aufbereitet worden. „Souvenir“ heißt das Stück des Briten Stephen Temperley, der das Leben der Amerikanerin aus der Sicht ihres Pianisten Cosmé McMoon erzählt. In Trier spielen Barbara Ullmann und Jan Walter das ungleiche Paar; Ulf Dietrich führt Regie.

Frau Ullmann, ist Florence Foster Jenkins eine tragische, eine komische oder eine skurrile Figur?

Barbara Ullmann: Es kommt auf die Perspektive an. Für sie selber weder noch. Sie hat sich einfach nur ihren Lebenstraum erfüllt. Vielleicht nicht die größte Sopranistin aller Zeiten, aber eine Sängerin, die in der Lage war, die Konzertsäle zu füllen, zum Schluss sogar die Carnegie Hall.

Ulf Dietrich: Aus der Perspektive des Zuschauers hat die Figur selbstverständlich eine gewisse Skurrilität, von der das Stück mit viel Esprit und Humor erzählt. Gerade diese Gratwanderung zwischen „Wusste sie es oder wusste sie es nicht“ macht dieses Stück so interessant.

Jan Walter: Natürlich merkte der Begleiter ziemlich schnell, dass es eigentlich ganz absonderliche Konzerte waren, an denen er da mitwirken musste. Natürlich profitierte er auch von diesen Auftritten, denn sie stellten den Höhepunkt seiner Karriere dar beziehungsweise waren im Prinzip das Einzige, bei dem er sich künstlerisch „verwirklichen“ konnte. Bezeichnenderweise endete sie nach dem Tod von Florence Foster Jenkins.

Kann man ein Leben lang so realitätsvergessen sein, dass man nicht spürt: Da stimmt doch etwas nicht?

Ullmann: Für sie stimmte aber alles. Sie hörte sich und fand sich ganz wunderbar. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass etwas nicht stimmte.

Walter: Und ihr Pianist hat für sie auch einen Schutzraum geschaffen, eine Art Kunstblase im doppelten Sinne. Natürlich haben die beiden sich auch aneinander gerieben, hatten Auseinandersetzungen. Er hat ihr gesagt, dass da Noten sind, die sie treffen muss …

Ullmann: Da gibt es einen wunderbaren Satz im Stück: „Noten sind Wegweiser. Der Komponist hat sie für uns aufgestellt. Zur Orientierung.“

Dietrich: Der Realitätscheck – oder vielleicht besser -schock – kam dann allerdings tatsächlich bei ihrem letzten Konzert – immerhin in der Carnegie-Hall, am 25. Oktober 1944 vor knapp 3000 GIs, die am nächsten Tag an die Front mussten. Da fiel die Reaktion so heftig, man könnte fast sagen: brutal aus, dass sie tatsächlich an sich zu zweifeln begann.

Walter: Und es war wieder ihr Pianist, der sie aufgefangen hat. „Sie haben in der Carnegie Hall gesungen, vor Tausenden von Menschen. Wer kann das schon von sich sagen?“

In der deutschen Fassung siezen Sie beide sich bis zum Schluss. Gab es da keine engere Beziehung zwischen zwei Menschen, die so sehr aufeinander angewiesen waren?

Walter: Nein, da war nie etwas. Beide blieben strikt professionell.

Dietrich: Wirklich? Ich bin mir da gar nicht mal so sicher.

Ullmann: Ich schon. Mit Frauen hatte er nämlich gar nichts am Hut.

Es gibt eine ganze Reihe von Theaterstücken, die sich mit dem Leben der Florence Foster Jenkins beschäftigen. Herr Dietrich, warum haben Sie gerade „Souvenir“ ausgewählt?

Dietrich: Weil es ein sehr wertiges Stück ist in dem Sinne, dass es seine Hauptdarstellerin absolut ernst nimmt. Es macht sich nicht lustig über sie, was ja in diesem Fall sehr leicht gewesen wäre; im Gegenteil: Es zeigt Jenkins als vielschichtigen Charakter und nicht als Freak. Es gibt da durchaus Brüche und Wendungen im Verlauf der Handlung, die ins Tragische gehen und die den Zuschauer sehr berühren …

Ullmann: Wir haben das bei der Matinee erlebt, als wir Ausschnitte aus „Souvenir“ gezeigt haben. Die Reaktionen reichten tatsächlich von amüsiertem „Das kann doch nicht wahr sein!“ bis zu regelrechter Rührung.

Auch drei Filme stellen FFJ in den Mittelpunkt, ein französischer, ein deutscher und ein englischer, in dem Meryl Streep die Hauptrolle spielt. Frau Ullmann, Sie treten in große Fußspuren.

Ullmann: Darüber macht man sich keine Gedanken, wenn man eine solche Rolle spielen darf.

Walter: Barbara ist sowieso die Beste.

Die Fragen stellte Rainer Nolden

Premiere von „Souvenir“ ist am Samstag, 31. August, 19.30 Uhr, im Großen Haus; Karten unter 0651/718-1818

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