TV-Serie - Abenteuer Archäologie: "Piedelarbeit" und Wissensdurst

Trier · Hinter den Kulissen des Landesmuseums erfahren TV-Leser, dass Römer manches besser konnten. Ein Gang durch die Restaurationswerkstätten.

TV-Serie - Abenteuer Archäologie: "Piedelarbeit" und Wissensdurst
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Im Eiltempo führt Ludwig Eiden die Gruppe Volksfreund-Leser durchs Museum. Statuen, Kapitelle und Amphoren fliegen vorbei, mehr als ein Blick ist nicht zu erhaschen auf kostenbaren Schmuck, Fibeln und die mehr als 2000 Jahre alten Holzpfähle der Trierer Römerbrücke, ehe sich neben römischen Grabsteinen eine Türe öffnet, die dem gewöhnlichen Museumsbesucher verschlossen bleibt. Die Leser haben im Rahmen der Serie "Abenteuer Archäologie" und der Veranstaltungsreihe "TV - Wissen wie" eine Führung hinter die Kulissen des Rheinischen Landesmuseums gewonnen. Eiden zeigt ihnen die Restaurationswerkstätten, wo er bereits seit 1981 Skelette präpariert, Mosaike saniert oder Amphoren zusammensetzt. Wo er archäologische Funde vor dem Verfall rettet und ihre Besonderheiten sichtbar macht.

Die erste Erkenntnis drängt sich schnell auf: Wer hier arbeitet, braucht nicht nur feinmotorisches Geschick, sondern auch endlose Geduld. "Das ist aber piedelig", sagt TV-Leserin Monika Eiden, als Museumsmitarbeiterin Claire Wetz erklärt, wie römische Glasgefäße saniert werden: Da die Scherben oft in eingegipsten Erdblöcken angeliefert werden, kann es Tage oder Wochen dauern, die Überreste freizulegen. Dann werden sie Stückchen für Stückchen wie ein Puzzle zusammengesetzt, erst mit Klebestreifen, dann mit Metallhäkchen fixiert, geklebt und in einer aufwendigen Prozedur um fehlende Teile ergänzt.

In der Ausbildung werden die Restauratoren auf "Piedelarbeit" vorbereitet: Wetz berichtet, dass sie aus den vermischten Scherben von zwei zerschlagenen Glühbirnen eine Birne wieder zusammensetzen musste - und zwar so, dass trotz des feinen Glases keine Übergänge zu fühlen sind. Eine Übung, die wegen des enormen Zeitaufwands in der nur fünfköpfigen Abteilung längst abgeschafft wurde. Nicht minder Geduld kostet es, römische Schreibgriffel von jahrtausendealtem Dreck zu befreien, Wandmalereien und Mosaike zu sanieren oder Amphoren zusammenzusetzen. "Ziel ist es aber nicht, das Objekt schön zu machen, sondern möglichst viel herauszubekommen", sagt Ludwig Eiden.
Die zweite Erkenntnis der Führung ist denn auch, dass es in den Restaurationswerkstätten reichlich Erkenntnisse zu gewinnen gibt.

So staunt die Gruppe über römische Knochen, die noch an Schreibgriffeln oder Schminkutensilien kleben: Objekte, die bei der Feuerbestattung mit auf den Scheiterhaufen wanderten. Manche Frauen ließen sich gar in ihren Kosmetikköfferchen beisetzen. Öllämpchen wurden als Symbol für Licht und Lebensart ins Grab gelegt. Während man den Toten in Trier laut Eiden meist unbrauchbare Fehlbrände mitgab, wanderte auf dem Land die gute Gebrauchsware mit ins Jenseits. Nicht selten müssen auch die Experten staunen, denn selbst nach Jahren im Job tauchen plötzlich Objekte auf, die sie so noch nie gesehen haben. Zum Beispiel eine riesige römische Amphore, in der Urnen und Beigaben bestattet wurden.

Die dritte Erkenntnis ist, dass heute keineswegs alles besser ist als vor 2000 Jahren. Voller Bewunderung spricht Eiden über die Fertigkeiten römischer Handwerker. "Oft denken die Leute: alt gleich primitiv. Es ist genau umgekehrt", sagt der Restaurator und zeigt auf filigrane Gemmen mit feinsten Zeichnungen, die ohne Lupe gefertigt wurden. "Hier sieht man Dinge, die können wir heute nicht mehr." Manches aus Hunsrücker Quarzit hergestellte Glas sei so klar und gut erhalten, als käme es gerade aus dem Geschäft. Und der römische Beton sei unglaublich raffiniert: Dank chemischer Reaktionen, die im Kalkmörtel ablaufen, wird er mit der Zeit und unter Wassereinfluss nicht schwächer, sondern stabiler.

Voller Achtung spricht der Restaurator von dem, was die Menschen schufen, die einst in der Metropole Augusta Treverorum lebten. Obwohl ihre Bauten späteren Generationen als Rohstofflager dienten, zeugen im Landesmuseum noch heute Tausende Funde von dem außergewöhnlichen Luxus der Kaiserstadt. Wenn die Restauratoren diese wieder herstellen, dann tun sie es so, dass man sehen kann, was ergänzt wurde und was original ist. Was von den Römern stammt und was von ihnen. Und wer weiß, vielleicht werden spätere Generationen darüber staunen, mit wie viel Geduld, Wissensdurst und Liebe sie dabei arbeiteten.Extra: TV-SERIE: SO GEHT’S WEITER

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 Ludwig Eiden (rechts) zeigt die Reste eines römischen Schminkköfferchens.

Ludwig Eiden (rechts) zeigt die Reste eines römischen Schminkköfferchens.

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Im vorigen Teil unserer Serie Abenteuer Archäologie haben wir einen Blick auf die Blütezeit der Römer geworfen. Im nächsten geht es um die Völkerwanderungszeit. Texte, Videos und Fotos unter www.volksfreund.de/vorzeiten

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