Typisch britisch

HIMMEROD. (gkl.) Chormusik ist Chormusik, ganz egal ob man sich in Amerika, Asien oder Europa befindet: Wer so denkt, konnte sich in der Abtei Himmerod davon überzeugen lassen, dass er einem Irrtum aufgesessen ist.

Zu Gast war der Chor des renommierten Trinity College der englischen Universitätsstadt Cambridge. Unter der Leitung von Richard Marlow konnte das Publikum in der Abteikirche erleben, was unter britischem Chorklang zu verstehen ist. Das Ensemble besitzt eine, wenngleich unterbrochene, jahrhundertealte Geschichte. Was den Trinity College Choir besonders auszeichnet, ist die emotionale Interpretation der Kompositionen. Wenn das 28 köpfige Ensemble etwa das "Miserere mei" von Gregorio Allegri anstimmt, dann gerät es wirklich zu einem Ruf um das Erbarmen Gottes, dem sich niemand mehr entziehen kann. Es sprach für Marlows Sinn für Dramaturgie, dass er den Favoritchor auf der Empore über dem Haupteingang positionierte (der Tuttichor stand im Chorraum), wodurch dessen Antwortgesang wie ein himmlisches Echo wirken konnte. Ebenso machte sich sehr positiv bemerkbar, dass der Chor an Auftritte in Kirchen mit Kathedral-akustik gewöhnt ist. Bis zum letzten Moment kostete Marlow den Nachhall aus. Auch von der technischen Seite gesehen war das Konzert ein reines Erlebnis, wie man es selten hat. Die ausgesuchten Stimmen konnten mit Henry Purcell und William Byrd ("Hear my prayer, O Lord" und "Vigilate") genauso präzise umgehen wie mit den Dissonanzen von Oliver Messiaen ("O sacrum convinium") oder dem romantischen Gestus eines Giuseppe Verdi ("O Padre nostro"). Dieses Konzert hat in der Tat einen Meilenstein in der diesjährigen Saison in Himmerod gesetzt.

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