Überraschende Klänge eines unterschätzten Instrumentes

Von Barockmusik bis zur Parodie auf eine Fernsehwerbung - das Akkordeon-Duo Toeac spielt unterschiedlichste Werke. Beim Konzert des Mosel Musikfestivals in Saarburg ließ sich am Samstag die ganze Vielfalt des Instruments erleben.

 Das Duo Toeac: Renée Bekkers (links) und Pieternel Berkers spielen beim Mosel Musikfestival in der Saarburger Glockengießerei. TV-Foto: Daniel John

Das Duo Toeac: Renée Bekkers (links) und Pieternel Berkers spielen beim Mosel Musikfestival in der Saarburger Glockengießerei. TV-Foto: Daniel John

Saarburg. Ob Seemannslieder auf dem Schifferklavier oder Ländler auf dem Schwyzerörgeli - das Akkordeon in seinen vielen Varianten vom russischen Bajan bis zur baskischen Trikitixa kommt vor allem in der traditionellen Volksmusik zum Einsatz. In klassischen Konzertsälen ist es dagegen eher selten anzutreffen. Höchste Zeit, das zu ändern, findet Toeac, zwei junge Niederländerinnen namens Pieternel Berkers und Renée Bekkers.
In der ausverkauften Halle der ehemaligen Glockengießerei Mabilon in Saarburg konnten sich die 130 Besucher selbst einen Eindruck verschaffen, zu welcher klanglichen Vielfalt das Akkordeon fähig ist. Schon das Programm machte neugierig. Ein Tango von Astor Piazzolla, das fällt noch in den Bereich des Erwartbaren, schließlich ist das Bandoneon als klassisches Tango-Instrument ein naher Verwandter des Akkordeons. Richtig spannend wurde es allerdings bei Bachs Passacaglia in c-Moll. Wie es den beiden Künstlerinnen gelang, das Orgelwerk nuancenreich auf ihre Akkordeone zu übertragen, war ebenso überraschend wie begeisternd.
Weitere Ausdrucksmöglichkeiten erschlossen sich bei der Komposition "Was draußen ist" von Ben Richter. Berkers und Bekkers schöpfen den Tonumfang ihrer Instrumente voll aus, fast ins geräuschhafte abgleitend, vom tiefsten Brummen bis zum höchsten Fiepsen. Edvard Griegs "Suite aus Holbergs Zeit" ist schon als Werk eine Mischung verschiedener Stile: romantisch gefärbter Barock, durchsetzt mit folkloristischen Elementen. Von Grieg für Klavier komponiert, für Streichorchester arrangiert, klingt die Suite auf den Akkordeons nicht wie eine Imitation, sondern als wäre sie für diese Besetzung geschrieben.
Den Abschluss des Konzerts bildete "Body of your Dreams" - zu Deutsch Traumfigur - von Jacob ter Veldhuis. Dafür haben sich die beiden Musikerinnen extra umgezogen: T-Shirt, Gymnastikhose und Turnschuhe. Von CD erklingen Samples aus einer Fernsehwerbung für ein angebliches Wundergerät, das das Bauchfett auf Knopfdruck verschwinden lassen soll. Zusammen ergibt das eine Sinfonie, die in ihrer Übertriebenheit die Heilsversprechen der Werbung ebenso vergnüglich wie schonungslos offenbart.
Eine überzeugende Werbung hat Toeac dagegen für das Akkordeon gemacht. Was bleibt, sind faszinierende Klangeindrücke eines oft unterschätzten Instuments in einem außergewöhnlichen Konzert mit zwei außergewöhnlichen Künstlerinnen. daj

Akkordeons gibt es in verschiedenen Bauweisen, die sich in ihren Ausdrucksmöglichkeiten unterscheiden. Das chromatische Knopfakkordeon hat im Vergleich zum Pianoakkordeon mit seiner klavierähnlichen Tastatur einen größeren Tonumfang. Auch im Bass gibt es Unterschiede: Der traditionelle Stradella-Bass erzeugt ganze Akkorde (daher der Name Akkordeon), eignet sich aber nicht für polyphones Spiel und atonale Musik. Für klassische Musik wird daher der Melodie-Bass verwendet. Viele Instrumente verfügen über einen Konverter, der zwischen beiden Bass-Systemen umschaltet. daj

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