Ulla Hahn stellt beim Eifel-Literatur-Festival ihr jüngstes Werk "Spiel der Zeit" vor

Bitburg · Ulla Hahn, eine der prominentesten Gegenwartsautorinnen, ist in diesem Jahr zu Gast beim Eifel-Literatur-Festival. Einen Namen machte sie sich in den 1980er Jahren als Verfasserin von Liebeslyrik, später avancierte sie auch zur Romanautorin. Zu Bestsellern wurden ihre stark autobiografischen Entwicklungsromane "Das verborgene Wort", "Aufbruch" und "Spiel der Zeit".

Ulla Hahn kann in diesem Jahr eine besondere Jubiläumskonstellation feiern: Sie vollendet 70 Lebensjahre, von denen genau die Hälfte von Erfolgen als Schriftstellerin geprägt sind. Hahn, die heute mit ihrem Ehemann Klaus von Dohnanyi in Hamburg lebt, wurde 1946 in Brachthausen im Sauerland geboren. Sie verbrachte Kindheit und Jugend in Monheim am Rhein und lernte zunächst den Beruf der Bürokauffrau. Auf dem zweiten Bildungsweg holte sie ihr Abitur nach und studierte ab 1965 in Köln Germanistik, Soziologie und Geschichte. 1978 erwarb sie den Doktortitel mit einer Arbeit zum Thema "Die Entwicklungstendenzen in der westdeutschen und sozialistischen Literatur der sechziger Jahre".Eifel-literatur-Festival 2016


Anschließend arbeitete sie als Literaturredakteurin bei Radio Bremen und als Lehrbeauftragte an den Universitäten Hamburg, Bremen und Oldenburg. Im August 1981 legte sie dann ihren ersten Gedichtband "Herz über Kopf" vor. Ihre in klassisch-romantischer Tradition gehaltenen Verse über Vergänglichkeit, Glück und Liebe wurden ein großer Publikumserfolg.

Vielleicht nicht ganz durch Zufall, denn Ulla Hahn hatte einen prominenten Mentor. Marcel Reich-Ranicki war beim Nachwuchswettbewerb "Literarischer März" auf sie aufmerksam geworden und empfahl ihre Gedichte im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Anerkennung für den Reichtum an Stimmungen und Empfindungen in ihrer Lyrik erhielt Hahn zudem durch die Verleihung des Leonce-und-Lena-Preises.

Das war der Beginn ihrer vielfach preisgekrönten Karriere als eine der produktivsten und beim Publikum erfolgreichsten deutschen Gegenwartslyrikerinnen. Noch heute werden Ulla Hahns Lyrikbände wie "Freudenfeuer" (1983) und "Unerhörte Nähe" (1988) aufgelegt und nachgefragt.

Ihr erster Romanversuch "Ein Mann im Haus" (1991) jedoch floppte. Erst zehn Jahre später, nach weiteren Lyrik-Erfolgen und der Übernahme einer Poetik-Professur an der Universität Heidelberg, ging die Autorin erneut mit einem Roman an die Öffentlichkeit. "Das verborgene Wort" erntete bei vielen Kritikern Lob für genaue Milieuschilderungen, pointierte Erzähltechnik und sprachliche Fantasie. Nur ausgerechnet Marcel Reich-Ranicki verriss das Werk im "Literarischen Quartett". Dessen ungeachtet wurde das Buch mit dem Deutschen Bücherpreis und einer Verfilmung gewürdigt.

"Das verborgene Wort" ist Auftakt einer Trilogie, in der Ulla Hahn einer fiktiven Figur Züge ihrer eigenen Biografie in den 1950er und 1960er Jahren verleiht. Als Hommage an die Schriftstellerin Hilde Domin, die den Ehenamen Palm angenommen hat, trägt Hahns Heldin den Namen Hildegard Palm.

Die wird 1945 im fiktiven, aber deutlich an Monheim angelehnten Dondorf zwischen Köln und Düsseldorf in eine Arbeiterfamilie geboren und leidet schon als Kind unter der Enge und Kleingeistigkeit des rheinisch-katholischen Provinzmilieus. In der Welt der Bücher findet sie ihre Zuflucht und befreit sich schließlich über Selbstbildung und Disziplin so weit, dass sie ihren Traum von einem Leben für die Literatur verwirklichen kann.

"Das verborgene Wort" erzählt von Kindheit und Jugend der Hildegard Palm, "Aufbruch" (2009) von den Jahren bis zum Beginn ihres Universitätsstudiums in Köln, und "Spiel der Zeit" (2014) von der Studienzeit in den bewegten 1960er Jahren.Extra

20 Autoren lesen beim Eifel-Literatur-Festival im kommenden Jahr, die ersten 14 Veranstaltungen gibt es von April bis Juli. Der TV stellt die Autoren und ihre Werke in den nächsten Wochen vor (in unserer Gesamtübersicht ist der Name des jeweiligen Autors blau gefettet). A bedeutet ausverkauft. Nele Neuhaus, Freitag, 15. April, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg (A) Pater Anselm Grün, ,"Was der Seele gut tut", Donnerstag, 21. April, 20 Uhr, Aula der ehemaligen Hauptschule in Prüm (A) Dora Heldt, Freitag, 29. April, 20 Uhr, Forum, Daun Felicitas Hoppe, Dienstag, 3. Mai, Haus Beda, 20 Uhr, Bitburg Horst Evers, "Alles außer irdisch", Mittwoch, 11. Mai, 20 Uhr, Aula, Hauptschule Prüm Jan Weiler, "Im Reich der Pubertiere", Freitag, 13. Mai, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg Leslie Malton, "Brief an meine Schwester", Freitag, 20. Mai, 20 Uhr, Aula, Hauptschule Prüm Giulia Enders, "Darm mit Charme", Samstag, 21. Mai, 20 Uhr, Stadthalle Bitburg Anne Weber, Dienstag, 24. Mai, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Manfred Lütz, Donnerstag, 2. Juni, 20 Uhr, Aula der ehemaligen Hauptschule Prüm Ulla Hahn, "Spiel der Zeit", Freitag, 3. Juni, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Kirsten Boie, Freitag, 3. Juni, 10.30 Uhr, Aula St. Matthias-Gymnasium Gerolstein (A) Friedrich Christian Delius, Freitag, 24. Juni, 20 Uhr, Haus Beda, Bitburg Max Moor , "Als Max noch Dietr war", Freitag, 8. Juli, 20 Uhr, Cusanus-Gymnasium, Wittlich Literaturherbst: Bereits ausverkauft sind die Veranstaltungen mit Sebastian Fitzek (29. Oktober) und Anselm Grün (6. Oktober). Karten für alle Veranstaltungen gibt es im TV-Service-Center Trier, unter 0651/7199-996 sowie im Internet auf www.volksfreund.de/tickets cwebExtra

"Spiel der Zeit" ist der dritte Teil der Geschichte um Hildegard, genannt "Hilla" Palm. Die junge Frau hat Dondorf verlassen, um in Köln Germanistik und Geschichte zu studieren. In der Stadt hat sie ein Zimmer in einem Kolleg für katholische Studentinnen bekommen. Sich in der Großstadt zurechtzufinden ist eine Herausforderung für sie, zumal sie noch der Tod der geliebten Großmutter, das Trauma einer Vergewaltigung und die Auseinandersetzung mit dem ihre Jugend prägenden Katholizismus beschäftigen. Dessen Strenge und Scheinheiligkeit begegnen ihr erneut im Schicksal ihrer Kollegmitbewohnerin und Freundin Greta. Dieser bildschönen Kommilitonin scheint die Welt offenzustehen, bis sie schwanger wird, abtreibt und - von Hilla ungewollt bestärkt - aus Reue ins Kloster geht. Hillas Leben nimmt Fahrt auf, als sie im Kölner Karneval Hugo kennenlernt, in dem sie neben ihrer großen Liebe auch den Seelenverwandten findet. Mit ihm wird sie in den Strudel der politisch bewegten 1968er hineingezogen. Diskussionen um Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke, die Außerparlamentarische Opposition (APO), die Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger und Ezra Pound oder Mao sind an der Tagesordnung. Und neben Spielarten aller denkbaren (linken) Ideologien begegnen den beiden Hippies wie Lilo und Tim, die Cannabis anbauen und sich täglich bemühen, ihr Karma zu verbessern. Über die sensible Entwicklungsgeschichte von Hilla hinaus fächert Ulla Hahn hier mit, häufig mit Witz, das Panorama einer Umbruchzeit auf. ae

"Spiel der Zeit", Deutsche-Verlags-Anstalt, 608 Seiten, ISBN: 978-3421045850, 24,99 Euro.

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