Unkaputtbar: Zeppelins Vierte

Trier · Ein Album ohne Namen, ohne Autorenangaben, mit verwirrenden Texten und vier runenhaften Piktogrammen auf dem Innencover: Vor 40 Jahren erschien das wohl rätselhafteste Album der Musikgeschichte - Led Zeppelins viertes Album, dessen Track "Stairway to Heaven" sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.

"Jeder Musiker möchte etwas von bleibendem Wert schaffen. Ich glaube mit Stairway ist uns das gelungen", sagte Gitarrist Jimmy Page einmal in einem Interview. Wohl wahr. 1970 sah es nicht danach aus, als würden Led Zeppelin genau das hinkriegen. Das dritte Album der Band hatte harsche Kritik eingefahren, sein akustisch-folkiger Charakter provozierte unvorteilhafte Vergleiche mit Crosby, Stills, Nash & Young, das Cover geriet, statt wie geplant ländlich, schlicht albern. "Tödlich langweilig" lautete das vernichtende Urteil des Musikmagazins "Rolling Stone". Zudem galten Led Zeppelin in der Musikszene als ehrlose Gesellen, die skrupellos das Musikbusiness für ihr persönliches Wohlergehen umkrempelten. Ihr Management war für damalige Verhältnisse knallhart: keine Single-Veröffentlichungen, horrende Garantiesummen für Auftritte. 90 Prozent der Nettoeinnahmen hatten Konzertveranstalter an die britische Band abzuführen, die in den späten 70ern auch schon mal einen Nasa-Satelliten heranzog, um die tatsächliche Zahl von Festivalbesuchern zu verifizieren.

Das vierte Album war ein Befreiungsschlag. Jimmy Page: "Okay, wir machen ein unbetiteltes Album, ohne irgendwelche Informationen auf der Hülle." Die Band verzog sich in ein ehemaliges viktorianischen Armenhaus, das Schlagzeug hallte durch einen weitläufigen Korridor, Verstärker und Mikros standen in Nischen oder Vorräumen.

Die Eröffnungssalve "Black Dog": schierer Blues. Danach "Rock'n'Roll", der Name ist Programm. Total verspielt: "Battle of Evermore", schottische Grenzkriege bedichtend, mit der elfenhaften Sängerin Sandy Denny (Ex-"Faipoint-Convention"). Sänger Robert Plant lebt seine romantische Ader mit Tolkien-Zitaten aus ("Misty Mountain Hoop"). Dann ein Glücksfall sondergleichen: Während Gitarrist Page und Bassist John Paul Jones vor dem Kamin die Teile des Songs grob arrangieren, kritzelt Sänger Robert Plant einen kryptischen Text mit "Maiköniginnen", "rauschenden Hecken" und "flüsternden Winden" zusammen. "Stairway to Heaven" wird als erster Song in die Geschichte eingehen, bei dem Konzertbesucher Feuerzeuge schwenken. Dann der Hammer: Das letzte Stück des Albums, "When the Levee breaks" ist noch besser. Voodoo. John Bonham spielt nicht Schlagzeug, er erzeugt seismische Erschütterungen und wiederbelebt - erneut - den Blues.

"IV" bringt jede Facette der Band zum Vorschein. Es knallt, ist hart und heavy, mal folkig, mal funky, minimalistisch-reduziert und bombastisch in einem - kein Song gleicht dem anderen. Die Essenz einer grandiosen Band und einer hochspannenden musikalischen Epoche.

Extra

Led Zeppelin IV Label: Atlantic Datum: 1971 Prozent: Jimmy Page Britische Charts: Platz 1 US-Charts: Platz 2 Zahl der Verkäufe in den USA: 22 Millionen Zahl der mit "Stairway to Heaven" als Sex-Soundtrack gezeugten Kinder: statistisch nicht erfasst, jedoch sicherlich fünfstellig (Vermutung des Autors)

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