Unterm Strich – Die Kulturwoche: Kreisverkehr und andere ausweglose Situationen

Wer sich bei Wikipedia informieren will, was ein Loop ist, wird zunächst einmal von mehr als 20 Definitionen erschlagen. Für im analogen Zeitalter Geborene: Loop ist wahlweise ein Ort in Schleswig-Holstein, ein Bezirk im Zentrum von Chicago, eine Diskothek in Nürnberg oder beim Bogenschützensport die Befestigung an der Sehne, um ein Release einzuhaken (hä?).

Modewusste Zeitgenossen kennen den Loop als Schlauchschal, der nicht nur wärmt, sondern auch als Mordutensil in Krimis gute Dienste leistet.

Doch nicht nur Digitalos, für die der Loop ein sich beständig wiederholendes Klangelement ist, sondern auch Historikern und Kunstwissenschaftlern ist das Phänomen nicht fremd, wenn sie es wohl auch nicht so bezeichnen würden. Der geschlossene Kreislauf oder die Endlosschleife, so eine sinngemäße Übersetzung, ist bereits seit der Antike ein Topos der Kulturgeschichte, Alchemie und Philosophie. Man denke nur an die altägyptische Schlange namens Ouroboros, die sich selbst in den Schwanz beißt (was ja auch Katzen tun, aber da ist Form nicht so stimmig), an kunstvoll verschlungene Arabesken oder die Werke des Niederländers Maurits Cornelis Escher, auf dessen perspektivisch unmöglichen Treppen und Gängen man sich in die Unendlichkeit verlaufen kann. Sie sorgen beim Betrachter für Trance, Traum und Trauma, wenn er nicht rechtzeitig den Blick abwendet. Diesem und vielen anderen dem Prinzip des Loop abgeschauten Werken widmet das Kunstmuseum Wolfsburg eine umfangreiche Ausstellung vom 29. Oktober bis zum 18. Februar ("Never Ending Stories"), die beweisen wird, dass der Loop allgegenwärtig ist - in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte. Wir finden ihn auch in Hotellobbys und sogar im heimischem Wohnzimmer, wo auf Monitoren Kaminfeuer endlos flackern oder Fische im Aquarium herumschwimmen, ohne dass sie jemals gefüttert oder das Wasser gewechselt werden müsste. Insgesamt 14 Kapitel können in Wolfsburg durchwandert werden - vom Zen-Saal bis hin zur quadratisch verspiegelten Music Hall, von der Verdauung der Welt über die Politik zwischen Themenkarussell und Teufelskreis (hallo, Frau Merkel!) bis zum - speziell für ausdauernde Genussmenschen - Eros in der Endlosschleife. Glücklich jene, die das aus- und durchhalten! Und alles mündet in der märchenhaften Endlosschleife, die schon jedes Kind kennt: "…und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute".

Einen Loop ganz anderer Art schwebt auch dem Schauspieler und Kabarettisten Ottfried Fischer ("Der Bulle von Tölz", "Pfarrer Braun") vor: Er will von München wieder zurück in das Haus seiner Kindheit in Passau ziehen. "Man hat einen wunderbaren Blick auf Mariahilf und den Inn. Und jetzt möchte ich, dass der Kreis sich schließt", sagte der 63-Jährige einer Zeitung. Natürlich will Fischer, der an Parkinson leidet, seinen vorgezogenen Lebensabend nicht untätig verbringen, sondern seine Heimatstadt kulturell ganz schön aufmischen: Er will dort ein Operettenprogramm auf die Beine stellen oder einen "Schlachthof in klein" eröffnen, einen Ableger seiner Kabarettsendung "Ottis Schlachthof", bei der er mehr als 170 Mal im Bayerischen Fernsehen zum Messer griff. In der Eigenwerbung bedient sich Passau übrigens auch eines Loops: Die Stadt bezeichnet sich als "grenzenlos lebenswert". Wenn das kein Versprechen ist …

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