Unterm strich - Die kulturwoche

Die Tage werden wieder länger. Seit vorgestern ist der Tiefpunkt des winterlichen Dunkeldaseins überschritten.

Hierzulande ist das leider keinem auch nur eine Kurznachricht wert. Wie anders dagegen die Briten: Tausende Menschen haben am Mittwoch die Wintersonnenwende im geheimnisvollen Stonehenge begangen. Als die Sonne aufging, tanzten und sangen die Besucher am Steinmonument in Südengland, etliche waren wie Druiden gekleidet. Trommeln begleiteten die friedliche Zeremonie, Menschen küssten die Steine. Also, Kostüme und Trommeln wären kein Problem, wenn wir den Wendezauber auch bei uns heimisch machen wollten. Aber welche Felsbrocken würden wir küssen? Da böte sich der Drachenfels bei Königswinter an - oder das Deutsche Eck in Koblenz. Noch passender wäre natürlich die Loreley und am schönsten wäre es, wenn die Blondine selber oben säße und die Huldigungen (i. e. Küsse) der Sonnenwendfeierer in Empfang nehmen würde … Aber die Frage, die sich sofort stellt, wäre nach dem Mann, der zur frühen Feierstunde auf dem Felsen Platz nehmen müsste. Und der Typ müsste auch schon was hermachen (also mindestens George-Clooney- oder Robbie-Williams-mäßig), denn die Mädels müssten mitten in der Nacht aus den Federn, um bei Sonnenaufgang ihre Küsse loswerden zu können. Und das bei dem Wetter … Da bleibt man doch eigentlich lieber länger im Bett. Was man vielleicht auch den Japanern empfehlen sollte. Denn im Land der aufgehenden Sonne geht es mit der Kinderzahl nach unten. Zum ersten Mal sei die Zahl der Neugeborenen unter eine Million gefallen. Zugleich altert Japan rasant . Mehr als ein Viertel der Bevölkerung ist älter als 65 Jahre. Und die haben bestimmt keine Lust, zur Sonnenwende rund um den Fujiama zu tanzen und den Vulkan zu küssen. Womit wir wieder in Europa wären, genauer gesagt in Island. Dessen bekannteste Sängerin, Björk, fühlt sich diskriminiert, weil angeblich die Musikkritiker über sie herfallen, wenn sie über gewisse Themen singt. "Frauen in der Musik dürfen über ihre Partner singen. Wenn sie das Thema wechseln, um über Atome, Galaxien, Aktivismus ... oder andere Dinge außer ihren Liebsten zu singen, werden sie kritisiert", lamentiert die 51-Jährige. Da fragt man sich doch, ob Fräulein Guðmundsdóttir so geschichtsvergessen ist. Joan Baez etwa - ständig Aktivismus aller Arten. Oder Atome: Schon vergessen, dass Lena Horne 1957 in dem Musical "Jamaica" einen flotten Calypso mit dem Titel "Leave de atom alone" auf die Bretter legte? Und: Die Schweizerin Juana Princess feierte im vergangenen Jahr auf Mallorca einen Riesenerfolg mit ihrem Superhit "Durch die Galaxie." Also, Björk: Wenn der nächste Kritiker Ihnen dumm kommt, halten Sie ihm einfach diese TV-Ausgabe unter die Nase. Der Mann wird nie mehr ein negatives Wort über Sie verlieren, wenn es in Ihrem nächsten Hit um Kernspaltung geht. no/dpa

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