Unterm Strich - Die Kulturwoche

Trier · Gute Nachricht für Kunstbeflissene, die bis Mitte Mai nach Berlin reisen: Die große Gerhard-Richter-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie hat ihre täglichen Öffnungszeiten verlängert. Der Grund: Angesichts von 100 000 Besuchern zogen sich des Öfteren lange Schlangen durchs Foyer - eine Stunde Wartezeit war nicht selten.

 Das Cover der neuen Fassbinder-Biografie „Ein Tag ist ein Jahr ist ein Leben“ (Ausschnitt). Foto: Propyläen Verlag

Das Cover der neuen Fassbinder-Biografie „Ein Tag ist ein Jahr ist ein Leben“ (Ausschnitt). Foto: Propyläen Verlag

Jetzt sind die 130 Bilder etwas stressfreier zu besichtigen. Stressfreie Unterhaltung auf höchstem Niveau bot sich am Montagabend im Ludwigshafener Pfalzbau einem restlos begeisterten Publikum: Das New York City Ballet setzte zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder einen Ballettschuh auf deutschen Boden. Klassiker der Moderne in der Choreografie von George Balanchine und Jerome Robbins ließen das Publikum schweben. Im Saal erstaunlich viele junge Leute - wohl angelockt durch den Kino-Thriller "Black Swan", in dem die Kompanie eine tragende Rolle spielt. Am Staatstheater Darmstadt spielt künftig Lukas Meister eine ebensolche: Der 36-Jährige wird Nachfolger des nach argem Krach ausgestiegenen Generalmusikdirektors Constantin Trinks. Meister war bislang zweiter Mann in Darmstadt und profitierte vom Streit zwischen Trinks und Intendant John Dew. Wenn Oper sich nicht mit sich selbst beschäftigt, sondern mit der Geschichte, kann was ganz schön Spannendes dabei herauskommen. So wie am Samstag in Heidelberg, wo man Singspiele von Franz Schubert mit einem Libretto über den Nazi-Germanisten Hans-Ernst Schneider gekoppelt hat. Letzterer war SS-Abteilungsleiter bei Heinrich Himmler, tauchte bei Kriegsende unter, ließ sich für tot erklären, schrieb sich unter falschem Namen wieder als Germanistik-Student ein - und brachte es bis zum Professor. Elfriede Jelinek und Irene Dische haben das Libretto zu dieser deutschen Biografie geschrieben. Eine ganz andere deutsche Biografie: Rainer Werner Fassbinder. Rechtzeitig vor seinem 30. Todestag im Juni ist diese Woche das Buch "Ein Jahr ist ein Tag ist ein Leben" von Jörg Trimborn im Propyläen-Verlag erschienen. Es zeichnet einen Besessenen mit übermenschlichen Ansprüchen an sich selbst: "Ich möchte für das Kino sein, was Shakespeare fürs Theater, Marx für die Politik und Freud für die Psychologie waren: Jemand, nach dem nichts mehr ist wie zuvor." Trimborn analysiert den Mythos, schildert ein wildes Leben, hält aber auch fest: "Sein Stern glänzt heute im Ausland heller als in seiner Heimat." Bleiben wir in der Heimat: Live-Rock aus deutschen Landen serviert seit vergangenem Samstag Udo Lindenberg. Beim Tourauftakt in Mannheim schwebte der 65-Jährige per Zeppelin auf die Bühne. 27 Songs aus vier Jahrzehnten, Gäste wie Jan Delay, fast drei Stunden Show: Die 12 000 Fans in der SAP-Arena waren begeistert. Kaum bescheidener ging es zeitgleich beim Tourstart von Boss Hoss in Oberhausen zu. 9000 Besucher widmeten sich in der Arena dem Country-Crossover-Kult der Berliner Großstadt-Cowboys. Wie der alte Udo sind sie den ganzen März unterwegs. Dieter Lintz

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