Unterm Strich - Die Kulturwoche

Das bettelarme Bundesland Berlin stockt sein Kulturbudget in den nächsten beiden Jahren um 27 Millionen Euro auf. Das wurde am Montag bei der Sitzung des Kulturausschusses bekannt.

Die Bundeshauptstadt gibt dann per annum knapp 400 Millionen Euro für die schönen Künste aus. Mehr Kultur wird für das Mehr an Geld freilich nicht geboten - es geht nahezu komplett für allfällige Tariferhöhungen drauf. Lange Gesichter bei der freien Szene: Ihr Anteil am gesamten Topf macht auch künftig nur zehn Millionen Euro pro Jahr aus - rund 2,5 Prozent. Aber selbst das ist eine Summe, von der man in Weimar allenfalls träumen kann. Dort hat Wagner-Urenkelin Nike das jährliche Kunstfest zu einer bundesweit anerkannten Marke gemacht - mit öffentlichen Zuschüssen von 900 000 Euro. Mit der Ausgabe 2013, die heute beginnt und bis zum 14. September dauert, nimmt sie nach zehn Jahren Abschied. "Wagner-Idyll" lautet das doppelsinnige Motto des Festivals, das sich diesmal in erster Linie mit Geburtstagskind Richard Wagner auseinandersetzt - auf gewohnt erfrischende und unkonventionelle Weise. Für letztere Eigenschaften steht auch die Ruhrtriennale, die ebenfalls heute startet und sechs Wochen dauert. Gleich das Eröffnungskonzert in der Bochumer Jahrhunderthalle ist Programm: Gespielt wird "Delusion of the fury" des amerikanischen Avantgardisten und Musikerfinders Harry Partch (1901-1974). Im Mittelpunkt stehen schräge Instrumente wie der "Blaue Regenbogen" oder das "Chromelodeon" (Bild). Ganz nach dem Geschmack des experimentierfreudigen Triennale-Intendanten und Komponisten Heiner Goebbels, der insgesamt 150 Konzerte auf die Agenda gesetzt hat. Für Glanz und Glamour bleibt bei den Neuland-Erkundern im Ruhrgebiet wenig übrig. Es gibt aber durchaus zeitgenössische Kunst, die virtuos mit dem schönen Schein operiert. Wie etwa Damien Hirst, dessen mit 8000 Diamanten besetzter menschlicher Totenschädel als das teuerste Werk eines lebenden Künstlers gilt - er kostet schlappe 60 Millionen Euro. Diese Preziose ist in der Hannoverschen Kestnergesellschaft nicht präsent, wo heute die Ausstellung "Der Schein" beginnt. Aber vom geschäftstüchtigen Meister Hirst gibt es eine künstlerische Tapete zu sehen, die man zum Preis von 300 Euro pro zehn Meter sogar käuflich erwerben kann. Joseph Beuys ist ebenso vertreten wie weitere 20 internationale Künstler, darunter der Japaner Yayoi Kusama, dessen Werk "Narcissus Garden" aus 800 Edelstahlkugeln zur Selbstbespiegelung einlädt. Dagegen war ein Genie wie Robert Plant nie sonderlich an Äußerlichkeiten interessiert - wenn man von der charakteristischen langen Mähne absieht. Der Sänger der Band Led Zeppelin punktete mit seiner unglaublich wandlungsfähigen Stimme, die zum Vorbild einer ganzen Generation von Rocksängern wurde. Unsterblich ist er spätestens seit "Stairway to Heaven", auf dem irdischen Kalender zählt er seit Dienstag 65 Jahre. Dieter Lintz Weitere TV-Kolumnen auf www.volksfreund.de/kolumne

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