Unterm strich - die kulturwoche

Meinung Rollende Häupter, Dickschädel und Charakterköpfe Revolutionen bringen es mit sich, dass der eine oder andere Kopf rollt. Nicht selten ist es sogar das Haupt eines Revolutionärs, der den anderen Revolutionären nicht revolutionär genug war.

Insofern ist der 60 Tonnen schwere Kopf auf der Seebühne von Bregenz das ideale Symbol für die Aufführung der Oper "André Chenier" von Umberto Giordano. Es geht um eine tödliche Mischung von Politik, Liebe, Neid, Eifersucht und Verrat im Ambiente der Französischen Revolution. Die Inszenierung von Keith Warner ist offenbar so aufregend, dass sie bei der Premiere am Mittwoch die 7000 durchfrorenen und zunächst von Schauern geplagten Zuschauer zu Ovationen hinriss. 150 000 Besucher soll das für Bregenz-Verhältnisse unbekannte Werk bis zum 21. August anlocken. Ganz so viele werden es in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf wohl nicht werden, obwohl seit Dienstag auch hier raumgreifende Installationen zu sehen sind. "Move - Kunst und Tanz seit den 60ern" präsentiert die Ausflüge berühmter Tänzer und Choreographen in die Welt der bildenden Kunst. Bis zum 25. September sind Stars wie William Forsythe, Trisha Brown und Bruce Nauman aus ungewohnter Perspektive zu sehen. Für faszinierende Perspektiven auf Leinwand und Bildschirm steht der Schauspieler Heinz Bennent. Einzelgänger, Außenseiter, Dickschädel: Seine Schauspielkunst galt immer den komplizierten Charakteren. Er spielte Hauptrollen für Francois Truffaut und Ingmar Bergmann, aber er suchte auch immer wieder die Theaterbühne, zuletzt mit einer Hölderlin-Lesung. Am Montag feierte der gebürtige Aachener in seiner Schweizer Wahlheimat den 90. Geburtstag. Vom amerikanischen Verpackungskünstler Christo weiß man, dass er Wert darauf legt, mit seinen Aktionen ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Allerdings legt er ebenso viel Wert darauf, die Vermarktung der Aktionen ausschließlich der eigenen Kasse zugutekommen zu lassen. Deshalb prozessiert er seit Dienstag vor dem Berliner Landgericht gegen eine Fotoagentur, die Bilder vom verhüllten Reichstag via Internet allgemein zugänglich macht. Ein Urteil gibt es noch nicht, aber einiges spricht dafür, dass sich die Richter Christos Auffassung anschließen, nicht alles, was irgendwann öffentlich sichtbar gewesen sei, dürfe später beliebig vervielfältigt werden. Romancier Stephen King hingegen würde seine Werke sehr gerne optisch vervielfältigt sehen, aber es will nicht gelingen. Das Mammut-Projekt zur Verfilmung seiner Buchreihe "Der dunkle Turm" liegt seit einigen Tagen auf Eis. Die Produktionsfirma, die drei Filme und eine Fernsehserie aus der Vorlage herauspressen wollte, bekam Angst vor einer Pleite. Nun hofft man auf Warner Bros. - die haben nach dem Ende der Harry-Potter-Reihe noch Kapazitäten frei. Noch ein Geburtstagskind: Charakterkomiker Robin Williams ist gestern 60 geworden. Keiner schafft den Bogen von der Klamotte ("Mrs. Doubtfire") über das Drama ("Club der toten Dichter") bis zum Thriller ("Insomnia") so brillant, keiner erzeugt so viel Tränen - sei es durch Lachen, sei es durch Weinen. Dieter Lintz

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