Unterm Strich - Die Kulturwoche

Wo die große Kultur schon immer unbezahlbarer wird, soll wenigstens die "Alltags-Kultur" ein geschütztes Gut bleiben. Am Mittwoch beriet der Bundestags-Kulturausschuss über die Umsetzung des "Unesco-Übereinkommens zur Erhaltung immateriellen Kulturerbes".

Dazu gehören so schöne Dinge wie deutsche Volksmärchen, Jahrmärkte, Brotsorten oder Orgelbauerzünfte. Ab sofort können Vorschläge eingereicht werden, welche dieser Güter die "kulturelle Identität und Tradition prägen". Ob es etwas ausmacht, wenn die Jahrmarktsmitarbeiter aus Polen oder die Brote aus der Backfabrik kommen, darüber schweigt der Ausschuss. Geschwiegen wird bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen eher selten. Das wäre auch schade, wenn man die Liste der 100 Theater-, Tanz-, Kabarett- und Leseveranstaltungen liest, die Intendant Frank Hoffmann gestern der Öffentlichkeit vorstellte. Nina Hoss als Hedda Gabler, Josef Bierbichler als Aschenbach, Birgit Minichmayr und Tobias Moretti im "Weibsteufel": Was da vom 1. Mai bis zum 16. Juni die Visitenkarte im Pott abgibt, ist die Elite der deutschen Schauspielerzunft. Und weil Frank Hoffmann auch Intendant des Luxemburger Théâtre National ist, dürfen wir darauf hoffen, die eine oder andere Produktion auch hierzulande sehen zu können. Eher aufs Hören kommt es bei Maurizio Kagel an, dem vielleicht berühmtesten zeitgenössischen Komponisten. Das Münchner Kammerorchester bringt, fünf Jahre nach seinem Tod, eine Reihe kleinerer Werke auf eine höchst ungewöhnliche Bühne: Gespielt wird in der Rotunde der Pinakothek der Moderne. Die "Nachtmusik" beginnt morgen Abend um 22 Uhr. Auch zeitgenössisch, aber doch gänzlich anders ist die Oper "Happy Birthday, Mr. President", die am Sonntag im Volkstheater Rostock uraufgeführt wurde. Wo Kagel schräge Töne und dissonante Laute produziert, erfreut Kriss Russman das Publikum mit durchkomponiertem tonalen Wohlklang. Der englische Komponist war eigens zur Weltpremiere seiner Marilyn-Monroe-Oper in die Hansestadt gereist - am Ende konnte er, ebenso wie die Solisten und das Orchester, im Beifall des Publikums baden. Dass man Oper auch aus einem völlig anderen Blickwinkel angehen kann, zeigt das Hamburger Thalia-Theater mit Mozarts "Don Giovanni". Der junge Regisseur Antu Romero Nunes hat den Wüstling vergangenes Wochenende als rasantes Pop-Theater auf die Bühne gebracht - nicht mit Sängern, sondern mit Schauspielern. Und mit einer siebenköpfigen Band statt eines Orchesters. Die Zuschauer, vielleicht nicht unbedingt eingefleischte Fans der klassischen Oper, spendeten, wie dpa vermerkte, "tosenden Applaus". Letzteren gab es auch in Berlin, bei der promigetränkten Premierengala der Show "Voca People" im legendären Admiralspalast. Die komplett in Weiß gekleidete A-cappella-Vokaltruppe aus Israel hatte im Herbst bei "Wetten, dass..?" derart abgeräumt, dass man sogleich eine Deutschland-Tour durch die ganz großen Hallen in Angriff nahm. Die acht Pop-Vokalisten mit dem außerirdischen Touch gastieren vom 22. bis 24. März auch an gleich drei Abenden in der Trierer Arena. Dieter Lintz Weitere Kolumnen lesen Sie auf volksfreund.de/kolumne

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