Unterm Strich - Die Kulturwoche

Trier · Meinung Dauerwurst mit Faust, Häppchen mit Netrebko Die Salzburger Festspiele decken in diesem Jahr den ganzen Publikumsgeschmack von opulent bis experimentell ab. So musste, wer Goethes Faust I und II in der Regie von Nicolas Stemann auf der Perner Insel erleben wollte, schon gutes Sitzfleisch und Essensvorräte für neun Stunden mitbringen.

Dafür gab\'s unter anderem Action-Painting, Techno-Musik in Auerbachs Keller und Goethe als Conferencier in eigener Sache. Freunde der Gegenwartsdramatik durften sich über die Uraufführung des neuen Stücks von Roland Schimmelpfennig, "Die vier Himmelsrichtungen", freuen, das im Zelt vom Zirkus Roncalli spielte und den Tod eines Clowns untersuchte. Reichlich Tote gab\'s auch bei Verdis "Macbeth" in der Regie von Peter Stein und mit Riccardo Muti am Pult. Die eher konventionelle Inszenierung erfreute das Herz des Publikums ebenso wie die grandiose Besetzung mit dem herausragenden Titelhelden-Bariton Zeljko Lucic. Des Volkes wahrer Himmel offenbarte sich derweil in München: Die Pop-Könige der Oper, Anna Netrebko und Jonas Kaufmann, zeigten sich letzte Woche bei einem bescheiden "Gipfeltreffen der Stars" genannten Open Air in München vor 15 000 Zuschauern - bei Ticketpreisen von bis zu 300 Euro. Die Begeisterung hielt sich anfangs in Grenzen, weil statt der üblichen Schmankerl seriöse Opernkost geboten wurde - wenn auch in mundgerechten Häppchen. Erst am Ende, als die süßen Desserts auf die Bühne kamen, gab es den ganz großen Jubel. Der Dirigent Zubin Mehta kennt sich mit solchen Spektakeln aus, dirigierte er doch einst das römische WM-Konzert der "Drei Tenöre", das die Nachtisch-Oper weltweit etablierte. Dennoch bekam er, sehr zu Recht, diese Woche den "Echo 2011" für sein Lebenswerk zuerkannt. Geehrt wird er "für seine herausragenden künstlerischen Leistungen und sein großes soziales Engagement". Wenn er so weitermacht, ist Justus Frantz irgendwann auch mal dran. Der Dirigent gibt heute Abend auf einer schwimmenden Bühne auf dem Rhein vor Mainz ein Konzert mit 200 jugendlichen Nachwuchstalenten zwischen acht und 16 Jahren. Das Programm geht von Beethoven bis Elton John. Ist Frantz die Betriebsnudel des Konzertwesens, übernimmt Dieter Wedel diese Rolle zunehmend bei den Theaterfestivals. Der Zampano der Nibelungenfestspiele feiert heute Abend Premiere bei den Zwingerfestspielen in Dresden. Geboten wird, man ahnt\'s, historisches Theaterspektakel mit prominenten Akteuren. Es geht um Barock-Sonnenkönig August den Starken und sein Liebesleben, das von allerlei Fernsehprominenz wie Götz Schubert, Helmut Zierl, Gunnar Möller, Dirk Bach und Theresa Weißbach auf die Riesenbühne gebracht wird. Nicht ganz so viel Spielfläche braucht Robert Plant, Sänger von Led Zeppelin und lebende Rock-Legende. Am Mittwochabend hinterließ er beim einzigen Deutschland-Konzert seiner aktuellen Tournee in der Zitadelle Spandau 6000 begeisterte Besucher - mit viel Folk, aber ohne "Stairway to Heaven". Dieter Lintz

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