Unterm Strich - die Kulturwoche

Es liegt noch gar nicht so lange zurück, und dennoch umwehen diese Jahre ein Hauch von Mythos wie eine längst untergegangene Epoche: Die 1960er und 1970er Jahre gelten als Dekaden des Umbruchs, der Provokation und der kreativen Energie. Musik, Mode, Kunst und Film erlebten ungeahnte Höhenflüge, und die "places to be", also dort, wo "man" sein musste, waren New York, London und Paris.

Anhand von gut 200 Fotografien aus der Schweizer Nicola Erni Collection dokumentiert das Münchner Stadtmuseum vom 16. September bis zum 15. Januar jene wilden, kreativen Jahre. Das pulsierende Kultur- und Partyleben wurde bevölkert unter anderem von Andy Warhol, The Beatles, Truman Capote, Charlotte Rampling, Brigitte Bardot, The Rolling Stones, Twiggy und Marlon Brando und festgehalten von Fotograf(inn)en wie Diane Arbus, Richard Avedon, Helmut Newton, Annie Leibovitz und Robert Mapplethorpe. Zentren des wilden Feierns und der extensiven Selbstdarstellung waren Andy Warhols "Factory" und das berühmt-berüchtigte "Studio 54" in New York, wo sich der Jetset zum Durchfeiern versammelte. Eines macht die Münchner Schau vor allem deutlich: Die Fotografen brauchten ihre Objekte ebenso dringend wie diese die Bildkünstler - nicht zuletzt deswegen, um sich ihrer Existenz(berechtigung) zu versichern. Um der verkaufsfördernden Verknappung noch eins obendrauf zu setzen, gibt es den Katalog "nur während der Laufzeit der Ausstellung und ausschließlich an der Museumskasse und im Online-Shop", wie die Kuratoren versichern. Klingt ganz so wie die begehrten Urlaubsangebote im Internet, die gerade von sieben Usern betrachtet werden und von denen nur noch eines erhältlich ist ... Keine schönen Nachrichten aus unserem übernächsten Nachbarland Ungarn: Das Budapester Stadtparlament hat den Rechtsextremisten György Dörner für weitere fünf Jahre mit der Intendanz des Budapester Neuen Theaters (Uj Szinhaz) betraut. Dörners erste Ernennung hatte 2011 zu internationalen Protesten geführt. Damals wurde vermutet, dass sie auf Wunsch des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban erfolgt sei. Diesem kulturellen Fauxpas folgte die gerechte Strafe auf dem Fuße: Praktisch das ganze Ensemble kündigte, weil es keine Lust verspürte, in den nationalistisch und klerikal angehauchten Aufführungen mitzuwirken, die Dörner auf den Spielplan setzte. Der hatte der "entarteten, krankhaften liberalen Hegemonie" im ungarischen Theaterbetrieb den totalen Krieg angesagt. Nun ist natürlich jede Bühne erhaltenswert. Aber auf manche Kulturtempel kann man eben doch verzichten. Das sagte sich auch das Publikum - und strafte den Intendanten mit Nichtbeachtung. Wer Ronald Barnabas Schill (57), stramm rechtsgewirkter ehemaliger Hamburger Richter, Innensenator und Ex-Junkie, einmal nackt sehen möchte, hat jetzt endlich dazu Gelegenheit - dank RTL. Der Kölner Privatsender schickt erneut exhibitionistische Kandidaten in die Show "Adam sucht Eva - Gestrandet im Paradies". Für die dritte Staffel des Spektakels ist ein Mix aus sogenannten Prominenten (der E- und F-Kategorie) und Normalos vorgesehen. Schon mal was gehört von Peer Kusmagk (Fernsehmoderator), Ex-"Deutschland sucht den Superstar"-Kandidatin Sarah Joelle Jahnel, Model Janina Youssefian oder der Surferin Janni Hönscheid? Egal! Sie alle taumeln jedenfalls ab dem 1. Oktober in paradiesischer Nacktheit durch den Garten Eden auf der Suche nach dem oder der Traumpartner(in). Bleibt zu hoffen, dass genügend Schlangen in den Apfelbäumen hängen, die dem Spuk ein schnelles Ende bereiten. no/dpa

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