Unterm Strich - Die Kulturwoche

Den Aufreger der Woche bescherte der umtriebige Salzburger Festspiel-Chef Alexander Pereira. Nach nur gut einem Jahr an der Salzach verkündete er Anfang der Woche, 2015 auf den Direktorensessel der Mailänder Scala zu wechseln.

Prompt setzt ihm das beleidigte Salzburger Kuratorium den Stuhl schon für 2014 vor die Tür. So richtig warm geworden war man mit dem geschäftstüchtigen Impresario ohnehin nicht. Pereiras Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf und die Ober-Festspiel-Strippenzieherin Helga Rabl-Stadler übernehmen in den Jahren 2015/16 die Leitung. Stücke von Rolf Hochhuth würden in Salzburg ob ihrer zweifelhaften Qualität sicher nicht gespielt. Aber Hochhuth würde gerne im Berliner Ensemble aufgeführt, der sagenumwobenen Brecht-Bühne. Nur über meine Leiche, sagt Intendant Claus Peymann, dem es an Streitbarkeit selten gebricht. Das Problem: Hochhuth ist Besitzer des Theaters am Schiffbauerdamm, wo das Berliner Ensemble spielt. Und irgendwann hat er sich ausgehandelt, dass seine Mieter ihn einmal im Jahr spielen müssen - was Peymann konsequent verweigert. Am Montag hat Hochhuth Peymann und seinem Theater wieder mal den Mietvertrag gekündigt - bis jetzt haben sich seine Hoffnungen vor Gericht aber immer in Rauch aufgelöst. Letzteres ist auch das Schicksal der Grauen Herren in Michael Endes Roman "Momo". Für die Junge Oper Stuttgart hat der Komponist Michael Heep aus dem nicht nur bei Jugendlichen beliebten Märchen ein packendes Stück Musiktheater gemacht. Bei der Uraufführung vor wenigen Tagen trafen sich auf der Bühne Profi-Sänger und Laien, darunter 26 Kinder und Jugendliche. Das Publikum spendete reichlich Applaus. Bei Ausstellungen wird eher selten applaudiert, aber das könnte am kommenden Dienstag anders sein. Das Britische Museum überträgt einen Rundgang durch die Schau "Leben und Tod in Pompei" live in 280 Kinos in ganz Großbritannien. Später soll die Aufzeichnung in 51 Ländern gezeigt werden - neben Indien und China auch Deutschland. Eine Viertelmillion Besucher hat die Objekte aus der Stadt des Vesuv-Vulkanausbruchs bereits im Museum bewundert, aber viele fanden keinen Einlass. Vielleicht ist der Fernseh- und Kino-Rundgang auch eine Idee für die vier deutschen Kulturgüter, die für die Aufnahme in das Welt-Dokumentenerbe vorgesehen sind. Die Himmelsscheibe von Nebra, das Lorscher Arzneibuch, die Goldene Bulle sowie - hört, hört - die Schriften des Trie rers Karl Marx sollen auf die Unesco-Liste, auf der bereits die Gutenberg-Bibel, die Originalschrift von Beethovens Neunter und das Nibelungenlied prangen. Ganz so betagt ist Ernst Stankovski nicht, aber der Wiener Edel-Schauspieler darf durchaus als Repräsentant einer untergegangenen Epoche gelten. Populär wurde er nicht durch seine großen Rollen an der Wiener Burg oder in 250 Filmen, sondern durch seine Opern-Quizshow "Erkennen Sie die Melodie", die in den 1970er Jahren - man mag es kaum glauben - zur besten Wochenend-Abendsendezeit im ZDF lief. Stankovski war ein exorbitanter Mime, was 1988 auch ein Villon-Abend in der Trierer Tufa bewies, den tragischerweise nur ein Dutzend Zuschauer sahen. Am Wochenende wird Ernst Stankovski 85 Jahre alt.Dieter Lintz

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