Unterm Strich - die Kulturwoche

Kulturkampf in Sachsen-Anhalt: Gestern protestierten 300 Menschen vor dem Landtag gegen die von ihnen befürchtete "Kulturwüste" aufgrund der Kürzung von Landeszuschüssen. Im Gegenzug griff Kulturminister Gogerloh (SPD) in der Landtagsdebatte große Kultureinrichtungen massiv an: Manche Orchester seien überteuert, manche Theater nicht ausreichend besucht.

Die Landesregierung will in diesem Jahr 36 Millionen und 2014 weitere 30 Millionen an Kultur-Subventionen kürzen. Vielleicht muss man von Dessau oder Halle aus für einen "Fliegenden Holländer" künftig nach Kuba fliegen. In Havanna feiert Wagners Oper jedenfalls heute Abend Premiere. Regie führt mit Andreas Baesler ein in der Region bestens bekannter Theatermann: Er war in der Ära Kindermann Stammregisseur in Trier und hob die Zeltoper in Merzig mit aus der Taufe. Seit Monaten hat er in der kubanischen Hauptstadt an seiner Produktion gewerkelt, mit überwiegend einheimischen Sängern. und unter teilweise skurrilen Bedingungen. Dass das Geld knapp ist, stört ihn nicht: "So ist man gezwungen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren." Wie man mit vertretbarem Aufwand auch große Projekte stemmt, zeigen die Tanztheater-Kompanien Osnabrück und Bielefeld: Sie bringen gemeinsam die legendäre, verloren geglaubte "Sacre du printemps"-Choreographie von Mary Wigman aus dem Jahr 1957 wieder heraus. Die Wegbereiterin des modernen Tanzes hatte das Strawinsky-Ballett in Berlin produziert, aber es war nie aufgezeichnet worden. Die Tanzdramaturgin Patricia Stöckemann hat die Inszenierung aus Fotos, Skizzen, Plänen und Figurinen mühsam rekonstruiert. Vergangenen Samstag wurde die Premiere in Osnabrück mächtig bejubelt, am Sonntag ist Bielefeld dran. Bielefeld scheint ohnehin entgegen seinem Ruf ein kultureller Hotspot zu sein. Studierende der dortigen FH entwickelten 50 Modelle aus den Forschungen von Leonardo da Vinci. Um 1500 herum erfand der Mona-Lisa-Maler etliche Vorlagen für technische Geräte, meist in Form eigener Zeichnungen. Nun sind die Arbeiten im Schwedenspeicher der Stadt Stade bei Hamburg zu sehen - bis 16. März. Sein Mundharmonika-Intro für das "Lied vom Tod" dürfte die Melodie sein, die weltweit den meisten Menschen eine Gänsehaut bereitet hat: Ennio Morricone, genialer Filmkomponist, Oscar-Preisträger, ein ruhiger Mann mit einer um so elektrisierenderen Musik, ist am Sonntag 85 Jahre alt geworden. Im Konzertsaal ist er immer noch aktiv. Dieter Lintz

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