Unterm Strich - Die Kulturwoche

Meinung Mozart in der Baggerschaufel, Dresden im Bilderrausch und Apple im Museum Theaterpreise gibt es in Hülle und Fülle, aber die Bestenkür der Zeitschrift "Theater heute" gilt als Ritterschlag im Schauspielgewerbe. Und da liegt Köln weit vorn, als bestes Schauspielhaus, mit der besten Inszenierung, der besten Dramaturgin und der besten Schauspielerin (Lina Beckmann).

Dumm für Köln, dass die beste Intendantin, Karin Beier, demnächst nach Hamburg wechselt. Dort wiederum spielt der Schauspieler des Jahres, Jens Harzer. Das Opernhaus des Jahres steht noch nicht fest, aber klar dürfte sein: Bayreuth wird es wieder mal nicht. Dafür holt man sich die Schlagzeilen mit der nächsten Etappe im Wagner-Erbinnen-Zickenkrieg. Urenkelin Nike forderte die anderen, derzeit am grünen Hügel regierenden Urenkelinnen Katharina und Eva auf, die umstrittene Tannhäuser-Inszenierung in der Biogasanlage abzusetzen. Man dürfe und müsse zwar mit Wagner experimentieren, aber doch nicht gar zu konfus. Da hatten es die Zuschauer der "Zauberflöte" bei den Erfurter Domstufen-Festspielen leichter. Die Königin der Nacht trat zwar in Feuerwehruniform vermittels einer Baggerschaufel auf und die böse Schlange kam als Riesenschnecke, aber die meisten Szenen in der Inszenierung von Intendant Guy Montavon blieben im Bereich des Märchenhaft-Verständlichen. 1800 Premierengäste waren vergangenes Wochenende begeistert. Für Begeisterung in Dresden sorgte derweil die Wiederkehr des berühmten "Canaletto-Blicks", einer Dresdener Stadtansicht des venezianischen Malers Bernardo Bellotto (1722 bis 1780). Zwei Jahre war das Gemälde, das als Stadtsymbol gilt, zwecks Restaurierung außer Haus. Seit dieser Woche strahlt es in hellem Glanz. Zur Feier der Rückkehr in den Zwinger zeigt man dort bis zum 20. November spektakuläre Stadtansichten aus dem Werk von Bellotto. An der Börse ist Apple gestern abgesackt, im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe steht die Marke auch ohne Steve Jobs hoch im Kurs. Denn dort werden bis Januar Apple-Exponate vom historischen Urlaptop bis zum iPod gezeigt - als Beispiele für innovative Design-Kultur. Ebenfalls mit von der Partie: Trendsetter wie der erste Sony-Walkman. Die Schau heißt "Stylectrical". Mit Styling als Kunstform hat Hans Neuenfels nie viel am Hut gehabt. Der inzwischen 70-jährige Kultregisseur suchte eher die inhaltliche Provokation als die glatte Oberfläche. Jetzt hat er seine Autobiographie vorgelegt, die "Das Bastardbuch" heißt und im Bertelsmann Verlag erschienen ist. Er sei bei dem von ihm gepflegten Klartext geblieben, sagen Eingeweihte, die schon einen Blick in das Werk werfen konnten. Man darf gespannt sein, ob er auch seinen wilden Trierer Zeiten als Theaterdramaturg in den 60ern ein Kapitel widmet. Eine ganze Karriere Revue passieren lässt auch George Michael auf seiner Europatour, die am Montag in der Prager Staatsoper begann. Der Pop-Sänger ist diesmal mit großem Orchester unterwegs - und spielt bis November zehn Mal in Deutschland. Dieter Lintz

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort