unterm strich - die kulturwoche

Dass Kino etwas mit Kultur zu tun hat und nicht nur mit Geschäft, daran erinnert die Deutsche Kinemathek. Tausende von Original-Filmen, unzählige Fotos und Plakate, Deko-Entwürfe, Baumodelle, dazu Skurrilitäten wie 400 Paar Schuhe von Marlene und Preziosen wie der Oscar von Emil Jannings: All das wird am Potsdamer Platz in Berlin gehegt und gepflegt.

Die Kinemathek sei ein "nicht mehr wegzudenkender Akteur für die Sicherung des Filmerbes", bauchpinselte Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Grund für Lob und Hudel: Die Kinemathek feierte gestern den 50. Geburtstag. Neun Mal so alt ist die Staatskapelle Schwerin - und damit eines der ältesten deutschen Orchester. Aus dem Jahr 1563 datiert die Gründungsurkunde, doch die Schweriner beschäftigt derzeit eher die Frage, welches Datum auf der Fusionsvereinbarung mit der Philharmonie Rostock stehen wird. Die Tage des um ein Drittel auf 68 Mitglieder geschmolzenen Klangkörpers scheinen gezählt - entsprechend zurückhaltend fallen die Geburtstags-Festivitäten aus. In München hingegen reicht das Budget, um mit Valery Gergiev einen der geschäftigsten Kapellmeister der Branche als neuen Philharmoniker-Chef zu verpflichten. Der Viel-Dirigierer, entschied der Stadtrat am Mittwoch, wird Nachfolger von Lorin Maazel, der nach dem krawalligen Abgang von Christian Thielemann ausgeholfen hatte. Einig Zufriedenheit herrschte am Samstag im Staatsschauspiel Dresden. Dort feierten Zuschauer und Kritiker die Bühnenfassung von Christa Wolfs DDR-Roman "Der geteilte Himmel". Das Stück um eine unerfüllte Liebe im Schatten des Baus der Berliner Mauer ist nach Uwe Tellkamps "Turm" 2010 eine weitere fundierte Auseinandersetzung des Hauses mit der jüngeren deutschen Vergangenheit. Um letztere ging es auch bei der Verleihung des Kulturellen Ehrenpreises der Stadt München. Geehrt wurde der Philosoph Jürgen Habermas, geistiger Kopf der 1968er-Bewegung. Einst, in Franz-Josef-Strauß-Tagen, hatten das Land Bayern und die Uni München dem unbequemen Wissenschaftler sogar eine popelige Honorarprofessur verweigert. Zur Wiedergutmachung bezeichnete Münchens OBUde den 83-Jährigen nun als "Ausnahmeerscheinung unter den Philosophen der Gegenwart". Eher eine Auslauf-Erscheinung dürfte die von etlichen Großstädten geplante "Kulturförderabgabe" sein, aufgrund ihrer Koppelung an die Hotel-Übernachtung "Bettensteuer" genannt. Nach vielen Kommunen, darunter Trier, ist nun auch die Stadt Köln auf die Nase gefallen. "Verfassungswidrig", urteilte das OVG Münster. Bei der Kultur wäre die Kohle wohl ohnehin nie gelandet.Dieter Lintz Weitere Kolumnen auf www.volksfreund.de/kolumne

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