Unterm Strich - Die Kulturwoche

Da sage noch mal einer, im Abschaum sei ein Bad nicht möglich: Nordkorea, ein weitgehend verkannter Hort politischer Menschenrechte und globaler Nächstenliebe, ergreift für einen der kultiviertesten Amerikaner, die derzeit die Welt in Atem halten, Partei: Donald Trump, Präsidentschaftskandidat der Republikaner, der von jenen Parteimitgliedern, deren Gehirn noch einigermaßen funktioniert, am liebsten auf eine 300 Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie geschossen würde, erhält Zuspruch aus Kim Jong-un-Country. Dort gilt der sympathische Blondling als "weiser Politiker" und Präsidentschaftskandidat mit Weitsicht.

Grund für diese Elogen: Der US-Amerikaner mit (peinlicherweise) deutschen Wurzeln und lächerlichster Politamateur seit Sarah Palin denkt darüber nach, als Präsident die in Südkorea stationierten Truppen abzuziehen. Das Land soll Trump zufolge mehr für den Schutz der USA zahlen. Damit hat Babyface Kim endlich einen Bruder im sogenannten Geiste gefunden: Der oberste Rechtsgelehrte seines Landes und seiner glücklichen Untertanen fordert nämlich schon seit langem den Abzug der 28 500 US-Soldaten aus Südkorea. Den USA unterstellt Pjöngjang regelmäßig, durch ihre gemeinsamen Manöver mit Südkorea einen Angriff vorzubereiten. Wäre vielleicht sogar eine gute Idee … halt, nein: Diesen Satz bitte streichen! Nimm ihn, geneigter Leser, als Beispiel dafür, was man nicht schreiben darf. (Wie geht es eigentlich Jan Böhmermann?) Es gibt sie also noch, die guten und anständigen Journalisten, die wahrheitsgemäß und fair über das informieren, was die Welt im Innersten zusammenhält: Sie arbeiten für die nordkoreanische Website DPRK Today. Diesem der unbedingten Wahrheit verpflichteten Internetorgan dürfte der nächste mögliche US-Präsident sicher gern mit einigen Dollarscheinen aus der Privatschatulle unter die Arme greifen, um den Journalismus zu retten und die Lügenpresse mundtot zu machen. Vorläufig jedoch gehen die Katastrophenmeldungen aus der Printbranche ebenso wie das Zeitungssterben weiter: Das Magazin Kot & Köter wird eingestellt. "Auch diese fünf Euro in die Kalauerkasse werden es nicht reißen: ,Kot und Köter - tot und töter',"schreibt Herausgeber Wulf Beleites auf der Homepage des in Hamburg erscheinenden und vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Blatts. "Ja, wir sind pleite, und, wie es aussieht, ist dieses die letzte Ausgabe vom ,Magazin für den Deutschen Hundefeind.'" Mit Crowdfunding begann es - und das Geld reichte für sieben Ausgaben, was selbst den Herausgeber gewundert hat. Das Ziel, 5000 Abonnenten zu gewinnen, wurde freilich nicht erreicht. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn die Zeitschrift ein Schmähgedicht auf Hundeniveau gegen Erdogan gebracht hätte, sinniert Beleites. Stattdessen gab es "lediglich einen kleinen Kalauer über ErDOGan, einen harmlosen Namenswitz (…). Kein Botschafter wurde einbestellt, keine auswärtige Note versandt, nicht einmal der § 103 wurde in Betracht gezogen." Beleites' Fazit nach zwei Jahren unermüdlichen Ackerns: "Kot happens". Und jetzt doch noch, endlich, die gute Nachricht: Am morgigen Samstag hat das lange Warten ein Ende: Daniela Katzenberger, eine Art D-Promi für die Sendezeiten zwischen den Werbeblöcken, und Lucas Cordalis, selber singender Sängersohn, geben sich das Jawort! Live!! Auf dem Bonner Petersberg!!! Und RTL II ist mit dabei!!! Um 20.15 Uhr!!!! Einschalten!!!!! Denn diese in Echtzeit übertragene Sendung ist der HÖHEPUNKT der im April auf dem nämlichen Sender gestarteten Staffel "Daniela Katzenberger - mit Lucas im Hochzeitsfieber". "Wedding-Planner Eric hat den Petersberg in Bonn vorgeschlagen. Die Aussicht hat uns sofort umgehauen. Das absolute Highlight für mich ist die Treppe, die in den Raum führt. Auf der werde ich runterschweben wie eine richtige Prinzessin", jubelt Daniela (ab morgen) Cordalis. Bleibt für die milliardenköpfige RTL-Fan-Gemeinde vor den Bildschirmen nur zu hoffen, dass die Katze beim Schweben nicht auf die Schnauze fällt. no/dpa

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